Am 22. April, also genau zum gleichen Zeitpunkt, an dem die Reise 2023 begann, fuhr ich mit Fritz nach Warnemünde. Der Plan war, nach Möglichkeit den neuen Genacker einmal hochzuziehen. Als wir gegen halb fünf beim Schiff ankamen, fing es gerade an zu nieseln und zu winden. Dennoch versuchten wir unser Glück und stellten fest, dass eine Halsleine fehlte. Ich war der Meinung, dass Sail Service diese mitliefern sollte, das war aber wohl ein Missverständnis. Also verstauten wir das Leichtwindsegel. Es wird, wenn ich die Koje im Bug nicht belege, dort „wohnen“. Ich sortierte meinen Kram ein, während Fritz wieder zurück nach Berlin fuhr. Das Abendessen in der Brasserie des Hotels Hohe Dühne war – bis auf teuer – nicht weiter empfehlenswert. Da ich morgen früh lossegeln wollte, war ich schon um halb zehn in der Koje.
Am nächsten Morgen meldete ich mich nach dem Frühstück ab und verließ Warnemünde schon um neun Uhr in Richtung Klintholm. Die Sonne kam ein wenig hervor und bei kühlen 6 Grad aber 10-15 Knoten Wind aus Osten ging es sehr zügig voran. Rund 55 Seemeilen hatte ich für einen direkten Kurs abgemessen, ich würde ca. 10 Stunden benötigen. Also hieß es Kräfte sparen.
Das Wetter war ein typisches Ostsee-Wetter. Anfangs schöner Segelwind und mit Vollzeug konnte ich um die 6 Knoten laufen. Ich hangelte mich am Verkehrstrennungsgebiet in Richtung NO, um mir dann eine geeignete Verkehrslücke auszusuchen und nach Norden abzufallen. Vorher funkte mich der Geologie Navigator an und bat mich meinen Kurs zu ändern, da er Schleppgeräte hinter sich herzog. Klar kein Problem. Dann schlief der Wind für a. 1.5 Stunden ein, um dann mit ca. 15 Knoten und passender Richtung mich über die Schifffahrtsrinne zu bringen. Hinter mir versuche noch die „Peter Pan“ mich von hinten einzuschüchtern aber mit nun rund 7 Knoten hatte sie keine Chance.
Der Wind frischte mehr und mehr auf und es gesellte sich eine zunehmende Welle von querab hinzu. Ich zog das erste Reff ins Groß und tauschte vorher die Genua gegen die Fock. Alleine ist das eine recht aufwändige Sache. Zuerst auf tiefen raumschotskurs gehen und den Autopiloten entsprechend einstellen. Dann die Genua im Windschatten des Großsegels bergen. Das Schiff geigt natürlich nicht unerheblich in den Wellen und mit verringerte Vorsegelfläche immer stärker. Gute Standhaftigkeit und Lifebelt sind erforderlich. Schwimmweste trage ich sowieso immer.
Dann Maschine starten, Schiff in den Wind stellen (Autopilot) und so viel Gas wie nötig geben, damit der Bug im Wind bleibt. Der Bug taucht nun in den Wellentälern ordentlich ein. Großfall kurz ankurbeln, um die Klemme zu entlasten, dann das Großfall zügig fallen lassen. Das Großsegel fällt nun – je nach Wind- bis 2/3 herunter. Dann nach vorne zum Mast und das restliche Drittel soweit möglich runterziehen. Ggf. ein Bändsel rumbinden, geht aber auch ohne. Dann zurück ins Cockpit abfallen, Maschine Leerlauf, Maschine aus. Segel einstellen, vorher Kurs neu absetzen. Durchatmen!
Mit der verkleinerten Segelfläche lag das Schiff ruhiger, ohne wirklich an Fahrt zu verlieren. Dafür nahm der Wind an Fahrt zu, so dass ich zwischen 18 und 20 Knoten Wind hatte. Kurs vor Klintholm holte ich alle Segel ein und donnerte dann bei 21.7 Knoten Wind durch die Einfahrt, dann hart Steuerbord. Welle ist weg aber der Wind immer noch mit 14 Knoten präsent. Im Hafen suchte ich mir eine Stelle an der ich das Schiff mit dem Heck gegen den Wind einigermaßen auf der Stelle halten kann. Nun Fender und Leinen vorbereiten. Das kann, je nach Wind, Platz und Strömung im Hafen gut mal 20 Minuten dauern, da ich ab und zu immer wieder nach hinten muss, um die Position zu korrigieren. Dann ein Plätzchen zum Anlegen suchen.
Zwei andere Segler waren am Steg und so beschloss ich rückwärts in die Lücke zwischen zwei Segelschiffen zu fahren. Gesagt getan, die Heck-Leine konnte ich übergeben, die nun am Ring befestigt werden sollte, damit ich eindampfen kann. Leider versuchen manche Personen immer wieder die Leine in der Hand festzuhalten oder ziehen sie durch den Ring ohne sie zu „bekneifen“. So auch diesmal und ich musste den freundlichen Helfer bitten, die Leine zu bekneifen, da er 10 Tonnen Schiff nicht halten kann. Vor allem nicht, da ich nun das Schiff mit vorwärts Gas und eingeschlagenen Ruder an die Pier drückte. Letztendlich lief alles glatt. Ich bedankte mich für die Hilfe und begann Klar-Schiff zu machen. Segel ordentlich einpacken. Springleinen ausbringen. Landstrom legen, Logbuch ergänzen etc. Nach ca. 20-30 Minuten ist dann in der Regel alles fertig. Nach dem Gang zum Hafenautomat, wärmte ich das vorbereitete Chilli auf, trank einen Anleger und ging dann sofort in die Koje. War ein langer, aber schöner erster Segeltag auf dem weiten Weg nach Süd-Norwegen.
Der nächste Morgen startet vielversprechend mit Eggs und Bacon. Dann zwei Stunden Büro und klar zum Ablegen. Wind und Welle aus Osten haben nicht nachgelassen und so stampfe ich mit Maschine 45 Minuten gegen an. Der Bug taucht mehrfach tief ein und ein Wasserschwall kommt über das Vorschiff und klatscht gegen die Frontscheiben des Decksalons. Hier wird es durch das überhängende Dach gebremst, so dass im Cockpit nichts ankommt. Ist auch egal, denn ich sitz drinnen. Dann kann ich endlich abfallen und Kurs NNW nehmen, ich setze das Groß im zweiten Reff und die Fock und ab gehts mit bis zu 7 Knoten in Richtung Rödvig. In 4 Stunden sollte ich da sein. Die Sonne kommt raus und ich genieße die warmen Bänke im Cockpit und mache es mir draußen gemütlich. Vor Rodvig dann das gleiche Spiel mit dem Segelbergen. Im Hafen weiter viel Wind und wenig Aussicht auf einen guten Platz. Im Fischerhafen brauche ich gefühlt ewig, um alles vorzubereiten. Dann fahre ich in den, vom Oktobersturm auch stark beschädigten Yachthafen und kann schließlich längsseits der Mole gehen. Das Problem a) keiner da zum Annehmen der Leinen b) Keine Klampen sondern Ösen an der Spundwand. So musste ich sehr dicht ran, um die Leine durch die Öse zu ziehen, dann durchholen und belegen. Der Wind drückt das Schiff wieder von der Kaimauer und bleibt im 45 Gradwinkel stabil liegen. Nun kann ich alles andere in Ruhe vorbereiten und mich in alt bewährter Manier an die Pier ranschieben.
In dem netten Cafe / Restaurant am Hafen trinke ich ein kühles Carlsberg Bier und haue mich anschließend erstmal für 30 Minuten in die Koje, danach gehts zum Essen ins selbige Restaurant. Den Abend lasse ich mit einem Western in der Vorschiffskoje ausklingen.
Der nächste Tag wird ein Hafentag, da wieder Ostwind mit 5 und Regen angesagt ist. Samstag soll es dann freundlicher werden. Also habe ich Zeit im Schiff ein bisschen rumzukramen, Büroarbeit zu erledigen, Blog zu schreiben und in den Tag reinzuleben. Der Regen hört abends auf und die Sonne kommt raus. Gute Zeichen für den morgigen Segeltag nach Kopenhagen.
Nach dem Frühstück und ein paar Mails und Kundentelefonaten lege ich ab und wende den Bug zunächst nach Osten. Der Wind ist schwach bis mäßig. Der Autopilot jukelt hin und her und da mich die Geräusche ein bisschen nerven, verziehe ich mich mit einem Kissen auf das Vorschiff und genieße die Sonne und die etwas wärmeren Temperaturen.
Allerdings wird mir es dann doch zu langweilig und so bewaffne ich mich mit einem Handfeger und fege den ganzen Sand vom Deck. Der Wind frischt auf und ich kann direkten Kurs auf Dragör anlegen. Mit flotten 6 Knoten geht es, bei wenige Welle und kaum Verkehr zügig voran. Um 15 Uhr ist die Küste bereits gut erkennbar. Kurz vor dem Hafen berge ich die Segel – schön ordentlich – sie nun ca. gute 14 Tage eingepackt bleiben und steuere den Hafen an. Es ist ein richtig schöner Hafen mit Fischerbooten, etwas Werftbetrieb, zahlreichen Restaurants und Cafes, nur einen geeigneten Platz finde ich nicht auf Anhieb. Da nur wenig Wind im Hafen ist, kann ich es gelassen angehen. Ein Anlauf in eine Box breche ich frühzeitig ab, da die Pfähle doch nicht weit genug auseinander stehen. Also weitersuchen. Die Eigner einer Yacht zeigen an, dass ich neben sie könnte. Also los. Rückwärts gehts in die Box. Hinten ist eine hohe Wand mit Ösen. Einer der Yachtis nimmt mir die Leinen ab. Nach meiner freundlichen Bitte, die Leeleine zu fieren, kann ich Moyenne aus ihrer inzwischen etwas schrägen Lage gerade stellen und auch die vorderen Leinen über die Pfähle bringen. Nach dem Klar-Schiff machen, gibts ein Anleger-Bier für mich und für die Moyenne feinen Landstrom.
Abends esse ich das restliche Chilli und Salat, lesen noch in meinem „Kennedy Buch“ und verziehe mich in die Koje.
Bis Donnerstagmittag bleibe ich hier, die Moyenne noch (je nach „Geschäftslage“) bis zum 14.5. hier in Dragör. Das muss ich morgen mit dem Hafenmeister klären. Am Mittwoch kommen Annett und Gilbert und bleiben bis Sonntag.
Der Sonntag hat schon mal gut begonnen. Morgens Joggen, dann frisches Brot und Teilchen besorgt und sehr gut gefrühstückt. So kann es erstmal weiter gehen. Mit den Temperaturen geht es hoffentlich auch weiter – nach oben.
Mitte Mai geht es dann weiter nach Göteborg.
© Gustav Burckschat
One thought on “Auf nach Kopenhagen”
Hallo Gustav,
schön, dass es wieder weitergeht. Ich lese gern mit.
was hältst du vom Bootshaken Hook and Moore?
Vielleicht ist das was für dich. Schön lang und gut für Ringe…
Viele Grüsse! und ne Handbreit gewünscht
Jan