Bei der Ansteuerung von Tallin gab es gleich die erste Überraschung. Auf Kanal 14 meldeten wir uns rund 3 Seemeilen vor dem Hafen ordnungsgemäß an. Der freundliche Mann von „Radio 5“ bat uns, um erneuten Kontakt 5 Minuten vor der Einfahrt. Er würde dann auch die Brücke öffnen. Welche Brücke?? Weder auf der Seekarte noch im Hafenhandbuch stand irgendetwas von einer Brücke. Aber tatsächlich sie war da und zwar kurz vor dem eigentlichen Jachthafen. Zuvor ging es an verschiedenen großen Fähren und Kreuzfahrern vorbei. Auch eine AIDA hatte hier festgemacht. Kurz nachdem wir durch das große Hafenbecken durch waren, legte eine große Fähre ab und stand dann quasi quer im Hafenbecken. Eine vorherige Anmeldung über VHF 14 war also durchaus angebracht. Als wir in den Jachthafen einfuhren stand schon ein Mitarbeiter bereit und wies uns einen schönen Platz zu. Nachdem wir alles Leinen (Vorleine, zwei Achterleinen, Vorspring, Achterspring und alle Fender positioniert hatten lag die Moyenne nach 30 Minuten recht ordentlich, d.h. parallel zum Schwimmsteg sicher vertäut. Im Hintergrund la eine Großbaustelle. Hier wurden große Wohn- und Bürokomplexe gebaut. Die Sicht nach vorne war deutlich schöner. Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel und wir spannten das Bimini auf. Den Code für das Gate bekamen wir von der Security, dann ging es in die Altstadt. Christian war bereits mehrfach hier gewesen und übernahm die Führung. Grobes Kopfsteinpflaster, enge Gassen, schön renovierte Häuser, unzählige kleine aber feine Restaurants, Kneipen, Cafés und Geschäfte.
Wir reservierten im Restaurant „Nautilus“ einen Tisch und schlenderten über den Marktplatz weiter und ließen uns durch die Stadt treiben. Das Restaurant war ein bisschen im Englischen Stil eingerichtet und wir entschieden uns für 2 x Surf & Turf und eine Flasche Gavi de Gavi. Eine gute Wahl, wie wir eine Stunde später feststellten. Zum Abschluss Espresso und hausgemachtes Tiramisu. Dann ging es zurück zum Schiff. Wir besprachen das Programm für die nächsten Tage und saßen noch bei einem guten Rum zusammen. Irgendwie rast die Zeit und man kommt kaum vor Mitternacht in die Koje. Dunkel wird es hier übrigens nicht mehr.
Am nächsten Morgen nutzte ich die Gelegenheit zum Joggen, während Christian noch in seiner Koje schnarchte. Gegen 10.30 Uhr suchten wir uns ein schönes Cafe zum Frühstücken, danach trennten sich unsere Wege. Christian wollte ein bisschen durch die Läden schlendern, ich schaute mir ein paar Kirchen und eine Kunstausstellung an. Wieder auf dem Schiff, erledigte ich Büroarbeit, spritze das Schiff ab und füllte Wasser auf. Dann ging ich einen großen Getränkemarkt „an der Ecke“ und kaufte 5 Probeflaschen. Der Hintergrund: Ich musste die Weinvorräte so auffüllten, dass diese bis zum Ende der Reise reichen würden. in Skandinavien wollte ich kein Alkohol kaufen. Die Flaschen wanderten zur späteren Verkostung in den Kühlschrank. Der Massagetermin um 16 Uhr war perfekt und ich fand auf dem Rückweg in einer großen Shoppingmall sogar noch ein paar Schuhe. Erfolglos blieben wir bei dem Versuch unsere Gasflasche aufzufüllen bzw., eine weitere zu erwerben. Nächster Versuch dann in Helsinki.
Inzwischen waren Henner und Kai im Hafen eingelaufen. Sie waren mit ihrer 50 jahrealten Skippi bereits in Torekov angekommen und waren nun auf der Rückreise. Kompliment an dieser Stelle mit diesem Schiff und so wenig Komfort diese weite Strecke in so kurzer Zeit zu befahren.
Als wir in die Stadt aufbrachen, hatte der Besitzer einer 45er Swan (das Schiff hieß „Our Swan“) einen kleinen Gasgrill auf dem Steg ausgepackt und grillte auf den Knien mit den Teller auf dem Boden Steaks. War irgendwie ein jämmerlicher Anblick. Für eine anständige Pantry-Ausstattung fehlte wohl dann das Geld. Insgesamt machte er einen spaßbefreiten Eindruck.
Wir aßen in einem rustikalen Restaurant, in dem man sich auf Eierkuchen spezialisiert hatte und trafen uns danach an Bord. Es folgte eine Weinprobe, gefolgt von Rum- und Zigarrenverkostung und Schlagermusik. um halb drei fragte der Nachbar, ob wie die Musik nicht endlich leiser machen könnten. Sorry, klar konnten wir. Gegen halb vier war ich dann in der Koje und nahm mal gleich eine Aspirin.
Um halb zehn stand ich auf und fing an, die Trümmer vom Vorabend zu beseitigen. Nach dem Frühstück folgte Büroarbeit. Zwei Waschmaschinen wurden gefüllt. Ich füllte die Weinvorräte auf (5 Kisten sollten es werden) Christian wachte gegen 13 Uhr auf und ging erstmal Duschen.
Eigentlich wollte ich noch zu einen Bootsausstatter fahren, aber erstens fehlte ein wenig die Motivation zweitens auch die Zeit. So vertrieben wir uns ein wenig die Zeit mit Diesem und Jedem. Wir hatten wieder Wasser im WC Raum. Um 18 Uhr gingen wir in den Supermarkt und füllten unsere Lebensmittelvorräte auf. Im Restaurant „Nautilus“ bestellten wir eine Seafood-Platter für zwei Personen. So ein Eiweißschock war genau das Richtige nach der letzten Nacht. Ich verabschiedete mit von Henner und Kai und ging früh in die Koje. Am nächsten Tag wollten wir gegen 08.00 Uhr in Richtung Helsinki aufbrechen. Die Windvorhersage dafür war ernüchternd: kein Wind.