Lili kommt um 12 Uhr mit dem Bus in der Nähe vom Bahnhof an, direkt am ABBA Museum an, in dem ich am Vortag gewesen bin. Die Freude ist groß und wir gehen auf die Moyenne, um ihre Sachen einzuräumen. Nach einer ersten kleinen Einweisung machen wir uns landfein und gehen in die Stadt. Zu Fuß ging es durch eine Fußgängerzone zur Markthalle, in der ich auch schon am Vortag gewesen bin. Vorher besuchten wir noch einen sehr schönen Innenausstatter mit diversen Designermöbeln, Lampen etc. von denen einige bei uns zu Hause stehen (sie gehörten Hanni und Jochen. Hier essen wir sehr fein bei Lisa. Es gibt Fischsuppe und einen sehr schönen Salat von Lili. Dazu alkoholfreien Aperol Spritz. Danach haben wir im Segelladen noch Isolierband und ein paar Schäkel gekauft, die ich am Vortag vergessen hatte. Durch die Fußgängerzone und kleine Straßen ging es zum Vaasa Museum. Im Gegensatz zu zwei Tagen zuvor kamen wir ohne Wartezeit hinein und Lili bestaunte die besterhaltene Vaasa, die auch mich wieder in ihren Bann zog.
Zurück auf der Moyenne gab es eine kurze Pause, dann machten wir uns landfein und fuhren mit der Fähre in Richtung gegenüberliegenden Seite. Wir kamen in eine kleine Fußgängerzone mit vielen netten Restaurants, Kneipen und Geschäften. Ein Restaurant gefiel uns am besten, dort kehrten wir ein und nahmen an der Bar einen der letzten freien Plätze ein. Die Keller – wie immer – super nett freundlich und professionell. Wir bestellten Beeftartar und gerösteten Blumenkohl mit Humus als Hauptgang gab es Ratatouille und gegrillten Oktopus. Auf dem Rückweg kamen wir an einer Kneipe vorbei aus der laut Live-Musik erscholl. Da mussten wir rein, kein Fehler, denn die Chuck Berry Revival Band rockte den Laden. Alle um die 70 Jahre, stilvoll mit weißen Sakkos, und Hosen und schwarze Fliegen. Sehr geil. Wir blieben ca. eine Stunde und hatten viel Spaß, den Schweden beim Tanzen und Mitsingen zuzusehen. Ein großer Schwede fiel besonders auf, da schon etwas angeheitert und sehr gesellig, was Frauen und Männer anging.
Dann ging es mit der Fähre zurück zum Schiff.
Am nächsten besuchten wie die Ausstellung von Karin Brosss, eine der bekanntesten Malerinnen Schwedens. Sehr interessante Bilder, mit leider überwiegend ernsten Menschen. Dann fuhren wir erneut mit der Fähre in die Stadt, schlenderten durch die Touri-Altstadt-Gasse, aßen leckere Waffeln mit Nutella und verpassten nur knapp anscheinend eine Parade vor dem Königspalast. In einen großen Bogen ging es zurück zum Schiff. Zuvor hatten wir noch ein paar Lebensmittel für die nächsten Tage eingekauft. Bei einem Stand für Lakritze kamen wir nicht vorbei, ohne ein paar Stangen einzukaufen. Nach einer weiteren Sicherheitseinweisung legten wir ab, fuhren die aus dem Hafen nach und bogen nach ca. 3 Seemeilen nach Steuerbord in einen kleinen Sund ein. Die Fahrt hierdurch war super schön, links und rechts schöne Häuser und Steganlagen. Wir tankten bei einer Tankstelle noch sicherheitshalber voll und weiter ging es. Die Durchfahrt führte uns durch eine Enge „Gasse“ durch die nur ein Schiff passte. Dann kamen wir ins freie Wasser und konnten Vollzeug setzen. Kurz vor 19 Uhr fuhren wir dann n eine Ankerbucht. Zuvor hatten wir eine andere Bucht im Visier gehabt in die eine kleine Rinne führte. Sie erschien uns aber zu schattig. Also fuhren wir eine Bucht weiter und der Anker fiel auf 10 Meter und 35 Meter Kette. Viele andere Segler lagen bereits an den Felsen. Wir kochten aus dem Otto Lenghi feine Nudeln und spielten danach Karten. Bei einer Zigarre ließen wir den Abend ausklingen.
12.8. Samstag
Um 11 Uhr gingen wir Anker auf und nahmen Kurs auf den Hafen auf der Insel Utö. Es sollte ein etwas längerer Schlag von knapp 29 Seemeilen werden. Mit dem Groß und der Fock ging es mit vielen Kreuzschlägen und teilweise böigen Winden mit Drehern wir auf dem Wannsee u.a. nach Süden durch den Svensgrundsund. Lili steuerte die Moyenne sicher und gefühlvoll als wäre sie schon seit Wochen an Bord. Um 16 Uhr nahmen wir die Segel weg. Vor uns wurde es dunkel und wir befürchten noch in den Regen zu kommen. Also Hebel auf den Tisch und in Richtung Hafen motort. Dieser stellte sich als recht voll vor. Hier lagen alle vor Heckanker. Dazu hatte ich keine Meinung. Wir fragten bei der „Blue Wind“ einem größeren Segler, der längsseits lag, nach, ob wir vor ihm ran könnten. Er wusste auch nicht, ob der Platz vielleicht reserviert wäre und gab uns netterweise die Telefonnummer der Hafenmeisterin. Ein Anruf später wies sie uns einen Platz hinten am Steg zu, hier konnten wir rückwärts reinfahren. Alles schick. Bei der Ausfahrt am nächsten Tag sollte ich mit zum zweiten Mal die offene Hecktür kaputtfahren. Im Hafen herrschte reges Treiben. Es war ein sonniger Nachmittag. Einige Menschen badeten. Nachdem wir die Hafengebühr bezahlt hatten, genossen wir bei einem Aperol Spritz die sommerliche Atmosphäre. Später ging es dann in die Sauna. Das abkühlende Bad, war den Temperaturen angemessen eher ein Dip als ein Bad.
Zum Abendessen gingen wir in ein Restaurant in der Nähe des Hafens. Ich aß Thunfisch, Lili bestellte sich Tempeh mit den gleichen asiatischen Reisnudeln, die ich auch hatte. Das Ganze wurde durch eine Creme Brulee gekrönt. Die Bedienung hatte mal in Berlin gelebt, da ihre Mutter bei der Botschaft ein paar Jahre gearbeitet hatte.
Der nächsten Morgen startet mit einem gemeinsamen Joggingprogramm zur hiesigen Kirche. Nach dem Frühstück wanderten wir durch schönste Natur zur anderen Spitze der Insel und genossen von einem Felsen die Aussicht auf das Meer. Lili hatte die nächsten Tage noch Muskelkater …
Bevor wir uns zum Ablegen fertig machten, kauften wir in der sehr süßen Bagerie Brot und Teilchen. Das eine Brot stellte sich allerdings als eins mit Lakritz Geschmack heraus.
Das Ablegemanöver gestaltete sich schwierig, da wir starken auflandigen Wind hatten. Wir verholten das Schiff so weit es ging nach vorne. Gegenüber, und eine gute Schiffslänge entfernt lagen zwei Motorboote, wir hatten also nach vorne kaum Platz. Meine Idee war, dass der Bug durch den Wind nach Steuerbord drehen würde und wir so leicht rausfahren könnten. Mit etwas Schub ging es vorwärts und wir standen somit quer zur Gasse. Dann wurde es aber vorne zu eng, so dass ich Rückwärtsgas gegen musste. Durch den Radeffekt zog das Heck nach Steuerbord und verhinderte so die Drehbewegung des Buges. Wir trieben langsam quer in der Gasse, das wäre auch gut gewesen, aber wir kamen dem Schiff vor uns wieder näher, also nochmal zurück. Was ich nicht bedacht hatte, was die Hecktür zu schließen. Diese steht ca. 15 cm über das Heck des Bootes und kam an den Steg, so dass das Scharnier sich wieder verbog und das untere rausbrach. Scheiße. Das hätte ich verhindern können a) durch das Schließen der Tür und b) durch Einsatz des Bugstrahlers c) durch ein entsprechendes Leinenmanöver bereits am Steg. Aber bei einem solchen Manöver kommen viele Dinge auf einmal auf einen zu, so dass man nicht an alles denkt. Das mit der Tür passiert mir aber bestimmt nicht mehr.
Der Wind kam weiter aus südlichen Richtungen mit 4 Bft. und wir machten mit Großsegel und der Fock rund 5,5 Knoten Fahrt über Grund. Nach diversen Kreuzschlägen und sonnigem Wetter wurde es gegen späten Nachmittag wieder kühler. Wir suchten eine kleine Bucht in der Karte und im Plotter, den nur im Plotter werden auch die Ankergründe angezeigt. Die kleine Bucht erwies sich erst bei der langsamen Annäherung als sehr schön. Wir waren das einzige Boot und ankerten bei 5 Meter Wassertiefe und steckten 20 Meter Kette. Das Schlauchboot aus der Backskiste gezerrt, aufs das Salondach gewuchtet und mit der elektrischen Pumpe (Danke an den Bootsladen für die tolle Empfehlung!) innerhalb von 15 Minuten aufgeblasen und zu Wasser gelassen. Motor angebaut und dann ging es zum Felsen. Das Festmachen gestaltete sich als schwierig, da wir keinen geeigneten Stein fanden, um den wir den Festmacher legen konnten. Schließlich fanden wir etwas und kletterten auf den Felsen und hatten eine tolle Aussicht auf die Bucht, Moyenne und die untergehende Sonne. Wir beschlossen morgen uns um 6 den Wecker zu stellen, um erneut vom Felsen Fotos u.a. mit der Drohne zu machen.
Die Nacht war unruhig, es gab irgendwelche Knarrgeräusche, die ich lokalisieren konnte. Die Drohne hatte nicht richtig geladen. So fuhren wir zunächst nur mit der Kamera bewaffnet zum Felsen, diesmal an eine bessere Anlegestelle. Der Waldboden war übersäht von Spinnennetzen, die in der Morgensonne und dem Tau glänzten. Lili schoss schöne Fotos und ich holte die Drohne. Nach einem „Überflug“ und zwei drei Fotos meldete sich der Akku und die Drohne trat den Rückflug an. Die Landung klappte und wir fuhren zum Frühstück zurück zur Moyenne.
Gegen 11 Uhr ging es Anker auf und wir liefen erst unter Maschine and Nynshamn vorbei. Die Fähre nach Gotland legte ab und kam uns entgegen. Wir ließen die Hafengegend hinter uns und setzten gegen 13.45 Uhr die Segel und gingen auf einen westlichen Kurs. Gegen 16 Uhr zieht es sich wieder zu. Wir fahren in den Sundshallen Sund ein, nehmen die Segel weg und umrunden die Insel Ringsö nördlich. Nach einer schmalen Passage biegen wir nach Backbord in die superschöne Bucht von Västafjärden. Die Einfahrt führt dicht an den Felsen vorbei, zwei Schiffe passen hier nicht gleichzeitig durch. Danach eröffnet sich eine traumhafte Bucht in der nur zwei Schiffe an den Felsen liegen und später zwei weitere genauso wie wir ankern. Nach einem Auflauf mit Kartoffeln, Gemüse und Fetakäse spielen wir zum zweiten Mal Schach. Ich verliere meine Dame, kann aber später Lilis Dame schlagen und es wird eine sehr spannende Partie. Lili spielte sehr gut und am Ende hatte ich große Mühe, das Match nicht zu verlieren. Letztendlich einigten wir uns auf ein Remis.
Am nächsten Morgen ruderten wir zum Felsen und genossen die wieder einmal tolle Aussicht auf diese herrliche Natur. Erst gegen 13 Uhr verließen wir die Bucht unter Maschine und folgten diversen Tonnenstrichen dem Weg weiter westlich. Es fing an zu regnen, der Wind schlief ein und es war eine ungewöhnliche leicht mystische Atmosphäre. Die Felsen lagen im Dunst, von Backbord kam die Sonne wieder raus. Nun fingen die Felsen an in der Sonne zu dampfen. Wir hakten gefühlt 100 Tonnen auf der Karte ab und konnten kurz vor der langen Einfahrt nach Nyköping doch noch die Segel setzen. So ging es mit 3-5 Knoten bis kurz vor die Hafeneinfahrt. Maschine an, Wende um 180 Grad und Segel bergen. Der Hafen war bis auf wenige Boote leer. Lili legte rückwärts längsseits an der Steganlage hinter der großen Regattastrecke an. Das Schlauchboot wurde sauber gemacht und dann weggeräumt. Zwischendurch fing es wieder an zu regnen. Aprilwetter im August. Ebenfalls rückwärts steuerte Lili die Moyenne dann in die Box mit den schmalen Auslegern.
Im Hafen wohnen hunderte von Gänsen, die große Spektakel veranstalten. Ansonsten ist im Hafen der Hund begraben. Kein Hafenmeister, keine Duschen, keine Waschmaschine, keine Sauna. Zumindest fanden wir abends ein schönes Restaurant im Hafen. Nach dem Essen suchten wir noch den Supermarkt von Alex auf. Es war ein uriger Supermarkt, der von einem Griechen betrieben wurde. Es gab eine große Auswahl an Gemüse und Obst. Wir kauften getrocknete Himbeeren aus Afghanistan und kamen mit Alex mit Händen und Füßen ins Gespräch. Er sprach kein Englisch aber dafür Türkisch, Griechisch, Kurdisch, Arabisch, Französiche und Schwedisch.
Am nächsten Tag frühstückten wir in Ruhe an Bord. Dann „erkundeten“ wir ein bisschen die Stadt, die eher enttäuschend war. Es gab eine 70er Jahre Fußgängerzone mit vielen typischen Läden und Menschen, wenig charmante Wohnviertel und eine kleine Burganlage, die an einem Flusslauf lag. Das war´s aber auch schon In einem Bootsladen kaufte ich ein bisschen Gelcoat. Das war auch schon das ganze Highlight.
Dann hieß es Abschied nehmen. Ich brachte Lili zum Bahnhof, von hier aus fuhr sie mit der Bahn nach Stockholm, um von dort aus nach Berlin zu fliegen. Die Tage mit Lili waren superschön. Ich war sehr erstaunt, wie schnell Lili sich an das Schiff gewöhnte und die Moyenne sicher durch Wind, Wellen und die Schärenwelt steuerte. Schließlich war sie nur einmal auf einer Yacht und da war sie 10 Jahre alt. Auch die Navigation hat ihr Spaß gemacht und sie wäre gerne länger an Bord geblieben und ich hätte sie gerne länger an Bord gehabt.
Als ich vom Bahnhof aus zum Hafen lief, kam ich an einer Thai-Massage vorbei und konnte mich schon nach 10 Minuten auf die Matte legen. Die Massage war perfekt und zufrieden kehrte ich zur Moyenne zurück. Am nächsten Tag kaufte ich ein paar Lebensmittel ein und legte gegen 13 Uhr ab in Richtung Süden.
© Gustav Burckschat