Ich lege bereits um 10 Uhr ab und laufe in den Kirkesund ein und fahre durch die Flatholm Enge noch mit Maschine. Der Wind weht mit 12-14 Knoten aus Süden. Ich nehme das erste Reff ins Großsegel und rolle die Fock aus. Mit 4-5 Knoten geht es mit 210 Grad in Richtung „offenes“ Wasser. Ich möchte Marstrand an Backbord umfahren. Draußen ist eine große Regatta am Laufen. Ein Sicherungsboot kommt auf mich zu. Ich hatte sowieso die Absicht vor dem Feld zu wenden und deute dieses an als sie sich nähern. Nach dem Kreuzschlag komme ich mit einem „Am Wind“ Kurs gut am Feld vorbei. Um halb drei nehme ich das Reff raus, um mehr Höhe laufen zu können. Es wird nun deutlich wärmer. Auf Kanal 16, dem internationalen Not- und Anrufkanal ist viel Funkverkehr. Der Handels-Schifffahrtsverkehr hat zugenommen. Für die Fock, kommt nun die Genua zu Einsatz. Der Wind dreht von Süd auf West. Ich lasse die Insel Rön an Steuerbord und nehme um halb fünf die Segel weg und laufe unter Maschine in den Kallofjord ein. Der Wind hat nachgelassen und es sieht etwas nach Regen aus. Ich bereite die Fender (jeweils drei an jeder Seite, sowie zwei Kugelfender) sowie die Vor- und Achterleinen vor. Zusätzlich lege ich eine Springleine bereit und öffne die seitlichen Pforten. So kann ich beim Längsseitsgehen schnell an Land. Der Hafen ist mit Fischerbooten, Marine, einem großen Dreimaster gut besucht. Im Gästebereich sind aber noch einige Plätze frei. Ich entscheide mich für einen Platz längsseits zur Pier. Von hier aus komme ich morgens dann auch am einfachsten wieder weg. Ein Nachbarlieger nimmt eine Leine entgegen. Ich muss in jedem Fall meine Vorräte auffüllen. Also schnappe ich mir den großen Segelsack und mache mich auf den Weg. Der erste bei Google Maps verzeichnete Laden ist nicht auffindbar. Ein Jogger, den ich um Rat frage, nennt mir einen ICA Supermarkt, ca. 800 Meter von hier. Es sollten dann aber eher 1,8 Kilometer werden. Ich marschiere also die viel befahrene Landstraße zum Supermarkt und überlege schon, wie ich mit vollem Einkauf am besten zum Hafen zurückkomme. Im Supermarkt kaufe ich ein. Als ich die Sachen auf das Band lege, kommt hinter mir eine junge Schwedin mit nur einem Snickers-Eis in der Hand. Ich biete an, dass sie gerne vor könnte. Mein Angebot nimmt sie dankbar an. Ich packe alles ein und verlasse den Supermarkt. Gerade fährt die Schwedin mit ihrem Auto los. Meine Chance. Auf mein Winken hält sie an und ich frage sie, ob sie durch Zufall Richtung Hafen fährt und ob sie mich mitnehmen könnte. Na klar kann sie das und ist froh sich für mein Entgegenkommen an der Kasse zu revanchieren. Freundlichkeit zahlt sich wie immer aus und auch der „Wille“ Leute anzusprechen. Am Hafen verabschieden wir uns. Der Thai Imbiss ist meine Wahl für das heutige Abendessen und ich bestelle ein rotes Curry, welches ich an Bord in Begleitung eines kalten Bieres genieße. Die Sachen werden verräumt und dann ist der Tag für mich zu Ende. Die Moyenne hat die Tausend-Meile Marke heute überschritten.
Am heutigen Tag, dem 77. Tag an Bord geht es bereits kurz nach 9 Uhr von Öckerö nach Hastholmen, dort will ich zum zweiten Mal dieses Jahr Ankern. Es wird der letzte Tag in den schwedischen Schären sein. Der Wind ist ähnlich wie am Vortag, kommt aber wieder aus südlichen Richtungen. Mit den Großsegel und der Fock durchlaufe ich den Hakefjord und den Brötelendsund. Es folgen einigen Wenden bevor ich einen längeren Schlag machen kann und dafür die Genua ausrolle. Zahlreiche Handelsschiffe liegen in einem dafür ausgewiesenen Gebiet auf Reede. Eine Regenfront zieht auf und bringt einen ordentlichen Winddreher mit sich. Die Genua steht back und ich nehme kurz die Maschine zu Hilfe, um sie wieder auf die richtige Seite zu bekommen. Es wird dunkel und ich schalte die Navigationslichter ein. Der Wind hat auf NNW gedreht und abgenommen. Es wird wieder heller. Mit dem Segeln wird das wohl nichts mehr. Mit der Restdünung ist es ein etwas blödes Geschaukel. Die Maschine wird gestartet und die Segel werden geborgen. Neben der obligatorischen Schwimmweste trage ich einen Sicherheitsgurt und hake mich bei Manövern außerhalb des Cockpits in die auf dem Dach entlanglaufende Sicherheitsleine ein. Meine Schwimmwest hat zwar einen integrierten AIS-Sender, der bei Wasserkontakt einen Notruf an alle Stationen senden, aber dieser Fall soll erst gar nicht eintreten. Die Bucht fahre ich diesmal aus nördlicher Richtung durch ein enges Fahrwasser an. Es liegt nur ein anderes Schiff an einer Boje. Ich suche mir einen Platz und der Anker fällt bei 8 Metern. Da der Wind in der Nacht auf West drehen und mit bis zu 22 Knoten blasen soll, stecke ich rund 40 Meter Kette und fahre den Anker mit 2.000 Umdrehungen sicher ein. Der Ankeralarm wird eingestellt. Dann gehe ich erst einmal ist klare Wasser zum Baden. Am Ruderblatt haben sich oben an der Kante einige Muscheln festgesetzt, die ich mittels Schraubenzieher entferne. Gleiches am Vordersteven. Eine deutsche Yacht läuft ein und macht an einer anderen Boje fest. Kurze Zeit später ist ein Schlauboot und zwei SUP mit den Kindern bemannt in der Bucht unterwegs. Alle haben viel Spaß. Für mich gibt es heute Entrecote mit Gemüse. Eine Zigarre und einen James Bond Film. Die Nacht wird extrem unruhig. Der Wind frischt ordentlich auf. Moyenne schwoft um den Anker herum und ich stehe mehrmals auf, um die Lage zu prüfen. Aber der Anker hält und morgens nimmt der Wind ab. Dafür beginnt es zu regnen. Ich verziehe mich ins Büro und erst gegen Mittag geht der Anker auf und ich motore aus der Bucht. Das Großfall verhakt sich beim Setzen vor dem Mast unter dem Dampferlicht. Zum Glück merke ich das rechtzeitig, bringe das Schiff vor den Wind und bekomme das Fall frei. Mit Groß und Genua geht es in Richtung Varberg. Allerdings ist es ein Raumschotskurs mit zu wenig Wind. Der Genacker wäre die richtige Wahl. Der ist alleine aber nicht sicher zu fahren. Etwas frustriet nehme ich die schlagenden Segel weg und laufe unter Maschine in Richtung Varberg. Zwei Stunden dauert die Schaukelei unter Maschine, dann komm ich in den Hafen und fahre zunächst in den Yachthafen, um Diesel aufzufüllen. Ich habe zwar noch rund 90 Liter, aber ich habe den Tank gerne voll. Man kann ja nie wissen. Außerdem ist der Diesel hier noch günstiger als in Deutschland. Dann geht es auf die gegenüberliegende Seite. Längsseits geht’s an die Pier. Zahlreichen Yachten u.a. Deutsche liegen bereits hier fest. Ich kaufe noch ein paar Dinge ein und esse einen sehr mittelmäßigen Fisch um Hafenrestaurant.
Seit Warnemünde habe ich durchschnittlich die Maschine 1,4 Stunden am Tag laufen gehabt. Wenn man bedenkt, dass für das Einlaufen und Festmachen ca. ½ Stunde benötigt und das gleich erneut bei Auslaufen, ist das nicht viel und sehr viel weniger als letztes Jahr.
Die Sonne scheint im Hafen und ich trinke noch ein Glas Rose im Cockpit. Morgen soll der Wind aus Westen mit rund 12 Knoten kommen. Das will ich ausnutzen, um einen längeren Schlag von rund 40 Meilen nach Torekov zu segeln.
Es wird ein perfekter Segel Tag. Der Wind hält sich an die Vorhersage, die Sonne scheint und ich setze bereits im Vorhafen das Großsegel. Dann geht es in Richtung Tonnenstrich. Die Genua wird ausgerollt und die Moyenne rauscht mit bis zu 8 Knoten ihrem nächsten Ziel entgegen. Kurze Zeit später kann ich etwas abfallen und der Speed geht etwas zurück. Es werden auf dem Weg nach Torekov immer um die 6 Knoten sein. Der Westwind nimmt zwischenzeitlich etwas ab, um dann wieder aufzufrischen. Gegen 16 Uhr erreiche ich die Insel Halland Vaderö, die gegenüber von Torekov liegt. Hier will ich versuchen zu ankern. Leider wird daraus dann doch nichts, da die kleine Ankerbucht bereits belegt ist und der Wind (auf Süd drehend) in die Bucht stehen wird. Also Kursänderung in Richtung Torekov. Wieder ist der Hafen zu meiner Überraschung voll. Eine große Bavaria (Elyssee) eines Deutschen liegt längsseits an der Mole. Ich frage, ob ich längsseits gehen kann. Kein Problem lautet die Antwort. Ich fahre nochmal in den Vorhafen, um Leinen und Fender auszurichten, dann komme ich gut längsseits. Mit Knut werde ich das eine oder andere nette Gespräch führen. Er hatte ein Metallbaufirma in FFO, die nun sein Sohn führt und segelt auch öfters mal solo. Im Restaurant bestelle ich zur Feier des schönen Segeltages und der nach Süden gemachten Meilen einen Hummer und ein Glas Chablis. Für den nächsten Tag ist Südwind angesagt, also werde ich einen Tag hier dranhängen. Ich habe Büro- und Putzarbeiten zu erledigen. Das wird am kommenden Tag erledigt, vorher gehe ich eine Runde Joggen und verlege das Schiff auf einen Platz an der Pier, da Knut am Montag gegen 10 Uhr ablegen möchte. Da ich montags immer die Forecasts für meine Kunden erstelle, werde ich erst gegen Mittag loskommen. Außerdem komme ich nun an den Wasseranschluss heran und kann das Schiff vom Salzwasser befreien. Außerdem steht die Kontrolle des Motoröls etc. auf dem Programm. Nebenbei wasche ich noch das Nötigste. Hier gibt es Elektrolux Waschmaschinen und professionelle Trockner. Das muss ausgenutzt werden.
Am Montag (19.08.) lege ich dann um kurz vor 12 Uhr ab. Die Logge klemmt und ich bekomme sie diesmal auch nicht frei. Ist nicht so schlimm. Der Wind ist anfangs gut, wird dann schwächer und kommt achterlicher. Was bleibt ist eine Welle von der Seite und es wird eine etwas nervige Schaukelei hinein in den Öresund und Kurs Helsingör. Ich koche Chili con Carne, was bei dem Seegang eine kleine Herausforderung ist. Eigentlich wollte ich auf die Insel Vän aber das wird bei dem Wind nichts mehr. Um 16.15 Uhr nehme ich die Segel weg, setze die dänische Gastlandflagge und nehme mit Maschine Kurs auf den Hafen. Auch hier ist es recht voll. Ich sehe die Elysee und suche mir einen Platz. Schließlich finde ich einen, wo ich rückwärts an den Steg fahren kann. Abends gibt es das Chilli. Auch hier werde ich einen weiteren Tag bleiben. Die Wettervorhersage lautet wieder Südwind mit 5 Beaufort, das brauche ich nicht. Stattdessen gehe ich in die Stadt, kaufe eine und gönne mir eine Thaimassage. Morgens hatte ich die Werft besucht, um mit Hilfe mit der Logge zu holen. Ich will sie ungerne alleine rausnehmen. Passiert irgendetwas kann ich allein schlecht Unterstützung holen. Gegen 15 Uhr soll ich wiederkommen. Zurzeit sind alle unterwegs. Also bin ich um kurz nach 15 Uhr in der Werft und schildre mein Anliegen. Der angesprochene Mann ist bereit mit mir zu kommen. CIh hatte von Matthias Schmitz ein Video gesehen, wie er es seinerzeit gemacht hat. Das hilft, sich ein Bild zu machen. Gemeinsam bekommen wir die Logge heraus und den Leckpropfen rein. Kein Wunder, dass sich nichts dreht. Es sind zahlreiche Seepocken zu sehen, die sich im Propeller festgesetzt haben. Diese popeln wir heraus, dann wird die Logge wieder eingesetzt und später hole ich das eingedrungene Wasser mit einem großen Schwamm aus der entsprechenden Bilge. Sonst passiert nichts Aufregendes. Abends kommt eine Oceanis 34 rein und ich biete ihr an längsseits zu kommen mit der Einschränkung, dass ich am nächsten Tag um 8 Uhr ablegen möchte. Sie nehmen das Angebot trotzdem gerne an. Die Windvorhersage sagt 4, dann 4-5 und gegen 11 Uhr 5-7. Also nicht gerade beste Aussichten.
Der Wecker klingelt um 06.45 Uhr, um acht Uhr habe ich mit den Nachbarn das Ablegen besprochen. Der Wind ist noch schwach und so geht es zunächst mit moderatem Wind in Richtung Süden. Dafür regnet es wieder. Ausnahmsweise habe ich das Musto-Ölzeug und Gummistiefel angezogen. Gut so. Die Sicht wird schlecht. Ich schalte die Navigationslichter ein. Das erste Reff im Großsegel tausche ich bereits nach zwei Stunden gegen das zweite Reff. Vom Land ziehen mit dem Westwind dunkle Wolken über die See, da will ich keine bösen Überraschungen erleben. Der Wind-Forecast sagt zumindest keine Böen mit 7 mehr an, sondern nur noch 4-5 und Böen mit 6 Bft. Von hinten kommt der Frachter Perseus auf. Ich funke ihn auf Kanal 16 an, erhalten aber keine Antwort. Immerhin nach meinem dritten Versuch ändert er seinen Kurs und wird mich an Steuerbord überholen. Der Wind lässt etwas nach, die Genua wird ausgerollt. Die Geschwindigkeit steigt so auf ca. 5.8 Knoten. Das Ganze ist nicht von langer Dauer und bald tausche ich die Genua wieder gegen die Fock. Kopenhagen kommt in Sicht. Auf der Seekarte ist vermerkt, dass man nur über das Hauptfahrwasser einlaufen kann und nicht mehr über den kleinen Querkanal beim Kraftwerk. Der Wind nimmt zu und erreicht beim Segelbergen natürlich die Marke von 24 Knoten, also die angesagten 6 Bft. Das Segelbergen wird daher wieder recht anstrengend. Egal. Mit Maschine geht es in Richtung Hauptfahrwasser. Zahlreiche Sperrgebiete sind mit gelben Tonnen markiert. Im Hafengebiet von Kopenhagen sieht es von Jahr zu Jahr anders aus, daher ist große Aufmerksamkeit gefordert. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass ich die Brückenöffnung um 13 Uhr gerade schaffen könnte. Ich bereite Leinen und Fender vor und fahre genau zur Brückenöffnung in den Kanal Christianshafen ein. Es ist trotz der frühen Uhrzeit voll. Zwei Yachten vor mir. Ein ergattert eine freie Box, die allerdings mit einem roten Schild markiert ist. Ich fahre bis zu altbekannten „Kreuzung“. Dort liegt ein Deutscher längsseits, allerdings mit einem Kreuzer, der mir nicht geeignet zum Längsseits gehen erscheint. Ein Mann (Hafenmeister des Teilstücks) winkt. Er sagt, dass hinten noch ein Platz sei. Das Problem ist, dass ich nochmal die Fender und Leinen etwas anders ausrichten muss. Durch den starken Verkehr im Kanal, dauert das etwas. Dann fahre ich rückwärts etwas weiter in den Kanal. Der Hafenmeister zeigt den Platz. Scheiß eng. Er sagt, ich solle drehen. Ich denke: „er kann mich mal …“ ich fahre vorwärts rein aber die Lücke ist definitiv zu klein. Ich bin mit dem Heckkorb schon am dahinterliegenden Schiff dran und vorne mit dem Anker am Kai. Mist. Ich warte bestimmt fünf Minuten, bis ich eine Lücke im Verkehr finde und wieder aus der Lücke rauskomme. Dann fahre ich den Kanal zurück Richtung Brücke, ich hatte beim Einlaufen ein Schiff längsseits am Kai liegen sehen, wo ich schon geplant hatte ran zugehen. Ein aufmerksamer Segler auf dem Schiff davor bietet Hilfe an. Ich fahre schön langsam rückwärts ran. Er nimmt die Leine an. Kein Problem. Entspanntes Anlegen und Festmachen. Drei Stunden später kommen die Jungs von dem Schiff zurück und erklären, dass sie nachher auslaufen wollen. Okay, dann also nochmal ablegen und dann wieder anlegen. Später kommt eine Nordship 41 DS zu mir längsseits. Wir besichtigen gegenseitig unsere Schiffe. Die Nordship ist qualitätsmäßig mit der Sirius zu vergleichen. Sogar die verwendeten Lampen sich identisch.
Abends gehe ich in ein schickes Restaurant Essen. Ich sitze hinten in der Ecke. Neben mir auch ein einzelner Mann. Wir kommen ins Gespräch. Er kommt aus Kalifornien. Kennt Leute in der Trump Administration, ist Republikaner hat aber Biden gewählt, hält Kamila Harris für ungeeignet, hatte mal eine Firma in Deutschland und vertreibt nun kalifornische Weine in Skandinavien. Wir unterhalten uns über die USA Wahlen, die Ukraine und Gott und die Welt. Im Gegensatz zum Essen (die Beilage war kalt und das sollte wohl auch so sein???) war das wirklich sehr nett.
Da für den nächsten Tag wieder Starkwind aus Süden angesagt ist habe ich mir für morgen eine Karte für die Oper gekauft. Die neue Chefdirigentin hat ihren ersten Auftritt. Ich bin gespannt.
Am nächsten Tag gehe ich erst einmal eine Runde Joggen. Später kommt erst eine deutsche Familie mit ihrer Halberg Rasse 31 längsseits und später eine Holländer mit einer schönen Dehler 36. Wir haben viele nette Gespräche. Der Holländer ist auch zurzeit solo unterwegs und hat dies durch den Zahlenwimpel mit der Eins am Achterstag angezeigt. Die Idee hatte ich bereits von einem anderen Solosegler gehört. Der entsprechende Zahlenwimpel steht auf meiner Einkaufsliste. Am Nachmittag buche ich eine Kanalfahrt und bekomme ein paar interessante Informationen über alles Sehenswürdigkeiten, die im Hafen und über die Kanäle zu erreichen sind. Abends putze ich mich dann für die Oper heraus. Sandfarbener Leinenanzug, gekauft im Mai in Göteborg, blaues Leinenhemd, schwarze Schuhe. Da staunen meine Nachbarn nicht schlecht. Ich liege inzwischen außen, da ich morgen früh die 9 Uhr-Brücke nehmen möchte. Getauscht hatten wir am Nachmittag, genau in dem Augenblick, als eine Armada von Paddelbooten, Freizeitbooten und auffrischender Wind das Manöver etwas interessanter als geplant ausfallen ließ.
Ich esse noch eine Kleinigkeit, dann geht’s in die Oper. Es wird ein sehr schönes Konzert mit einer sehr sympathisch auftretenden jungen Dirigentin Marie Jacquot und einen Violinen-Solist (Noah Bendix-Balgley) der Berliner Philharmoniker, der gleichzeitig Konzertmeister ist. Es gibt Strauß (Toll Eulenspiegel), Mozarts 4. Violinen Konzert und nach der Pause eine Symphonie von Erich Wolfgang Korngold. In der Pause treffe ich bei einem Glas Wein einen Österreicher und eine Italienerin, die hier seit ein paar Monaten arbeiten.
Ich stelle mir erneut einen Wecker auf kurz nach Sieben Uhr, um rechtzeitig zur Brückenöffnung abfahrbereit zu sein.
Die Brücke öffnet um Punkt 9 Uhr und mit mir fahren noch zwei weitere Yachten raus. Genauso, wie bei der Einfahrt muss ich den nördlichen Ausgang nehmen. Ein Wasserflugzeug ist im Anflug und setzt parallel zu mir auf. Später sollte der eine oder andere Flieger direkt über mir den Flughafen von Kopenhagen anfliegen. Kurz nach der Ausfahrt setze ich das Groß mit dem ersten Reff und die Fock. Dann geht es erst zügig mit Halbwindkurs in Richtung Osten, um das langgestreckte Feld der Windkraftanlage nördlich zu umrunden, um dann in Richtung Süden anzuluven. Kurze Zeit später reffe ich aus, um mit mehr Speed schneller an mein heutiges Ziel, den Hafen von Dragör zu kommen. Ab Mittag soll es wieder mit bis zu 22 Knoten Wind aus Süden blasen. Da möchte ich eigentlich schon im Hafen sein. Bis es soweit ist vergehen einige Kreuzschläge. Um 11 Uhr ziehe ich wieder das erste Reff ein. Kurze Zeit später haben wir dann die angekündigten 5 Windstärken. Ich komme dennoch mit bis zu 6 Knoten SOG gut voran. Der Wind nimmt weiter zu und gleiches gilt für die Wellen. Vor dem Hafen nehme ich die Segel weg. Das Großsegel lasse ich nur fallen und binde es mit zwei Bändseln provisorisch zusammen. Aus der Backskiste kommen die Heckleinen und drei Fender. Die anderen Fender sind im Ankerkasten. Da die Welle erheblich ist, will ich diese und die Bugleinen erst im Hafen klar machen. Im Hafen ist es recht voll und vor allem so windig, dass ich keine wirkliche Chance habe die Bugleinen klarzumachen. Es gibt frei Mooringplätze vor dem Restaurant. Da will ich gegen den Wind mit dem Heck also „Römisch-Katholisch“ anlegen. Ich suche nach irgendeiner Person, die die Luv-Heckleine annehmen kann. Notfalls geht es auch so, aber stressfreier wäre es mit einer helfenden Hand an Land. Ich spreche einen älteren Mann auf dem Steg an und frage, ob er Segler ist (ich hätte gerne jemand, der auch gekonnt eine Leine annehmen und belegen kann). „Früher wäre er mal gesegelt“, verstehe ich aus der Ferne gegen den Wind und macht sich auf den Weg. Das hört sich für mich semi-professionell an, daher frage ich einen Mann auf seiner Yacht, ob er eine Leine annehmen könnte. Auch er macht sich auf den Weg und ich fahre rückwärts an. Das funktioniert alles gut und der Yachty nimmt die Luv Leine und ich bitte ihn, diese fest zu belegen, damit ich eindampfen kann. Der andere ältere Herr hat die andere Leine genommen und legt sie halbseitig über die an Land befindliche Klampe, das reicht erst einmal. Ich schnappe mir die Mooring und ziehe diese über die Bugklampe fest und belege sie. Damit ist das Schiff fest. Dank an die Helfer, Schwimmweste und Jacke aus und erstmal durchatmen. Es ist nicht einfach, das Schiff bei so viel Wind im Hafen zu kontrollieren und nach einem geeigneten Platz Ausschau zu halten. Drei andere deutsche Yachten kommen später ebenfalls noch rein. Zwei davon haben ich bereits in anderen Häfen getroffen. Es ist die Relax und die „Malin“. Ich ruhe mich ein bisschen aus und nehme einen Mittagssnack im Restaurant. Abends gibt es hier Live-Musik. Sehr schön. Die Sonne geht um halb neun unter. Ich rolle die Deutschlandflagge ein und höre der Band zu, genauso wie die vielen anderen, die im Restaurant sitzen oder auf der Pier stehen. Von hier aus sind es – bei günstigem Wind (der auf sich warten lässt) drei Tage bis Warnemünde.
Am nächsten Tag ändert sich die Wettervorhersage von 5-6 auf 4-5 und ich beschließe mittags doch noch abzulegen, um mit dem angekündigten Westwind weiter nach Süden zu kommen. Keine gute Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Anfangs funktioniert alles noch wie geplant. Mit dem ersten Reff und der Fock geht es – nach der etwas längeren Fahrt unter Maschine über die nördliche Ausfahrt, entlang des Windparks nach Süden. Ein Wasserflugzeug landet, während ich rausfahre, später sind die landenden Flugzeuge in „greifbarer“ Nähe über mir. Die Sonne scheint und alles sieht gut aus. Der Wind nimmt mangels Landabdeckung zu und ich ziehe das zweite Reff ein. Schreibt sich so leicht, ist aber doch mit einigem Aufwand verbunden. Mit dem Autopiloten und dem Windprogramm halte ich das Schiff im Wind, dazu läuft die Maschine mit. Dann das Groß Fall erst ein wenig ankurbeln, um die Fallklemme zu entlasten. Dann herunter lassen ungefähr bis zum zweiten Reffauge. Dann die Klemme schließen. Schauen, ob das Schiff noch im Wind liegt, sonst korrigieren. Dann die Reffleine für das zweite Reff durchholen. Anfangs per Hand, dann per E-Winsch, bis die von mir angebrachte Markierung in Sicht kommt. Dann den Rest mit der Winsch Kurbel dichtholen. Winsch freimachen und das Groß Fall um die Winsch legen und wieder mit der E- Winsch und später mit der Kurbel durchsetzen. Fallen aufschießen und verstauen, abfallen und auf Kurs gehen. Maschine aus, Segel trimmen. Das Ganze dauert zwischen 5 und 10 Minuten, beim zweiten Reff auf Grund der Wind- und Wellenstärke eher 10 Minuten.
Gute Entscheidung zu reffen, denn der Wind nimmt weite zu. Ich kann trotzdem Kurs auf Stevns Klint nehmen. Hinter mir kommt die SY „Wol Ke“ langsam auf. Sie wird mich später in Luv überholen. Inzwischen haben wir um die 22 Knoten scheinbaren Wind. Ich steuere von Hand rund 1 Stunde. Ich will nach dem Klingt weiter Richtung Westen, um in der Faxe Bucht in den Boegestrom einzulaufen und dann weiter reinzufahren in Richtung Vordingborg. Der Plan sollte nicht wirklich gut funktionieren. Beim Klingt muss ich die Segel bergen und die Maschine starten. Dann geht es drei Stunden „gegen an“, dass heißt, dass hohe Wellen und der weiter auffrischende Wind genau von vorne kommen. Die Maschine läuft mit knapp 2.000 Umdrehungen und Moyenne schiebt sich den Wellenberg hoch (45 Grad), um danach im gleichen Winkel nach unten zu fahren. Wassermengen kommen über, wenn der Bug bis zu den Furlern eintaucht. Ich verkeile mich im Salon, stelle den Wecker auf den 15 Minutentakt ein und warte auf Besserung, die aber nicht eintritt. Der Kurswechsel nach Möns Klint und den Hafen von Klintholm würde ebenfalls ca. 4 Stunden dauern. Also Augen zu und durch. Es ist anstrengen und nervig. Nach drei Stunden erreiche ich den Tonnenstrich. Die Wellen werden weniger und der Wind geht runter auf 18 Knoten. Viel Aufmerksamkeit ist nun noch einmal gefordert, da es Abseits des Tonnenstriches nur 1 Meter tief ist. Das Echolot zeigt teilweise 1.90 an und der Tiefenalarm, den ich bei 2.3 eingestellt habe, will sich gar nicht mehr beruhigen. Dafür geht die Sonne langsam unter. Es ist eigentlich eine sehr schöne Abendstimmung. Allerdings bin ich zu angestrengt, um diese wirklich zu genießen. Schließlich laufe ich nach 43 Seemeilen und gut 8 Stunden in den Hafen von Halvehavn ein. Es ist ein kleiner Hafen. Wind hats auch noch. Eigentlich will ich längsseits an die Hafenmauer gehen, aber zwei Yachtis zeigen auf eine frei Box. Also Fender umsortieren bzw. wieder einholen und rückwärts rein. Diesmal klappt es mit den „Anweisungen“ und der Mann hält die Luvleine ordentlich fest, so dass ich das Boot ausrichten kann. Dann die andere Achterleine über. Bis zu den Bugpollern sind es rund 4 Meter. Also Gang rein und die beiden Helfen fieren die Leinen, bis ich die Bugleinen über die Dalben werfen kann. Dann alles zurück und f. Das Ganze dauert auch gefühlt eine viertel Stunde. Dann endlich Maschine aus und Ruhe kehrt ein. Ich hatte mir aus Dragör eine geräucherte Makrele mitgebracht, die gibt es mit einer Stulle, dazu zwei Gläser Weißwein und dann geht’s völlig erledigt in die Koje.
© Gustav Burckschat