Nun ist es doch passiert.

Zumindest ist unser letzter Plan aufgegangen. Um 11 Uhr verließen wir die Ankerbucht in Richtung Sandhamn Hafen und füllten dort unsere Wasservorräte auf.

Dann ging es bei schönem Wind (14 Knoten) mit einem Kurs von 30 Grad durch die Schären. Da wir ab und zu Wenden mussten, ließen wir die Genua eingerollt und setzten die Selbstwendefock. Der Wind kam aus Norden, also für uns zunächst mal günstig. Die Sonne schien, die Wellen hielten sich zurück und so liefen wir permanent gute 5 Knoten. Wir passierten die Insel Aggekob an Backbord und liefen auf den Leuchtturm Nassenschärgard zu. Karin zauberte feine Pausenbrote an Deck und so war zumindest vorerst alles „in Butter“

Um 19.00 Uhr fuhren wir zwischen den Inseln Rödlagen und Svartlagen hindurch. Die erste Gasflasche meldete kurz vor dem Abendessen (Grünkerntaler mit Gurkensalat und Bratkartoffeln von Karin – sehr lecker), dass sie leer sei. Um nicht die Komplikationen aus dem Jahr 2023 zu wiederholen, habe ich nun immer 4 volle Flaschen für die Saison an Bord. In Schweden und Finnland sind zwar Gasflaschen zu haben, aber diese haben andere Anschlusssysteme. Um 22 Uhr ließen wir die Maschine für eine halbe Stunde im Leerlauf mitlaufen, um die Batterien zu laden.

Kurz vor Mitternacht passierten wir Kappellskär. Seit Saisonbeginn hatte die Moyenne nun schon 600 Seemeilen im Kielwasser. Auf der Race-App sahen wir immer mehr Schiffe, die Ziellinie passieren. Die Moana Blue war mit uns das einzige Schiff, was noch in großem Abstand auf Kurs Töre lief. Unsere Hoffnung, es ggf. doch noch im Zeitlimit zu schaffen waren minimal, vor allem da ein neues Starkwindgebiet am Donnerstagabend bis Freitagnachmittag wieder Windgeschwindigkeiten mit bis zu 40 Knoten (Ende 8 Baufort) vorhergesagt wurde.

Kurz nach Mitternacht sagen wir für Michael ein Geburtstagsständchen und kurz darauf schlief er bereits in der Koje und Karin und ich übernahmen die Hundewache.

Um 01.30 Uhr fahren wir zwischen den Inseln Österjo und Grani durch. Der Wind hat abgeflaut und so geht es lediglich mit 2-3 Knoten Fahrt weiter. Normalerweise würde man nun die Maschine starten oder wäre im Hafen. Aber nun sind wir ja weiter im Regatta-Modus, also nach zwischenzeitlich 6 Knoten Fahrt nun in der Superflaute. Richtig dunkel wird es hier nachts nicht mehr. Wir identifizieren die Leuchttürme und Tonnen anhand ihrer Kennung , dann kommt ein schwaches Windfeld und bringt uns etwas weiter in Richtung Ausgang der Schärenwelt, den wir gegen 05.00 Uhr erreichen. Da liege ich aber schon seit einer Stunde wieder in der Koje. Unsere Hundewache endete um 0400 und so bleiben knapp 4 Stunden Schlaf, bevor wir unsere nächste Wache von 0800 bis 1400 antreten. Die scheidende Wache kocht für die aufziehende Wache immer Tee oder bereitet einen kleinen Snack vor. Noch 360 Seemeilen bis Töre.

Der Morgen bringt endlich tolles Segelwetter. Der Wind kommt aus SO mit ca. 12-14 Knoten und so laufen wir mit dem Groß und dem Genacker auch um die 6 Knoten und der Kompass zeigt nach Norden. Die Außenlautsprecher laufen und bringen uns eine Playlist von Jaqueline ans Ohr. Den Genacker tauschen wir gegen die Genua, um ihn später erneut zu setzen. Der LT Marketstollen bleibt an Backbord. Raumschot-Kurse wechseln sich mit Butterfly ab und so geht es in die nächste Nacht. Der Wind dreht erwartungsgemäß von S über SSW auf W und dann auf NW mit konstanter Stärke um die 4 Bft. Die Batterie steht bei 85% und der Wasserstand beträgt 56%. Nach meiner Wache, die um 00 Uhr endet freue ich mich auf die Koje, wache aber um ca. zwei Uhr wieder durch kräftige Schiffsbewegungen auf. Moyenne steigt und fällt die Wellenberge hoch und runter, der Wind hat deutlich zugenommen. Ich krieche aus der Koje und wir nehmen das erste Reff rein und wechseln von der Genua auf die Fock. Nun läuft das Schiff zwar etwas langsamer aber deutlich ruhiger. Im Gegensatz zu vielen Charterschiffen (Bavaria, Hanse, Delphia) taucht die Sirius zu 90% sanft in die Wellen ein, ohne das sonst übliche „Schlagen“. Dies liegt an dem tiefen Vorfuß, der bei anderen Schiffen eher flach gehalten wird, um mehr Platz im Vorschiff zu erhalten. Wir laufen nun mit einem Kurs von ca. 35 Grad in Richtung finnische Westküste und wollen unterhalb von Vaasa den Hafen von Kirstenstad anlaufen, da am Donnerstagabend bis Freitagmittag wieder Sturm mit bis zu 40 Knoten Wind in Böen angesagt sind. Damit würden wir auch unser Ziel Töre ggf. doch noch im Zeitlimit zu erreichen streichen können. Traurig, aber wahr.

Nach dem einsetzenden Nieselregen reffen wir um 12 Uhr aus und laufen mit dem Groß und Genua mit 5,5 später mit 6,5 Knoten mit Kreuzschlägen in Richtung Kristinstad. Wenden heißt bei uns, bedingt durch das Kutterstag folgendes: Zunächst wird die Fock rausgelassen, die schirmt die Genua ab. Dann holen wir die Genua rein. Wenden, holen die Genua wieder raus und die Fock danach wieder herein. Da ich keine automatischen Furler habe, ist das mit etwas Muskelkraft zu erledigen. Insbesondere in der Fockschot ist auf Grund der Selbstwendefunktion ziemlich viel Reibung und erfordert deshalb viel Kraft. Bei der Genua ist es die Fläche von ca. 43 m², die die Sache etwas erschwert. Aber es geht auch wenn ich alleine segle. Bei der Fock muss man die Schot immer manuell aus dem Block führen, bei der Genau kommt es auf den richtigen Ruck (teilweise mit der Schiffsbewegung) an. Am Ende der Segelsaison hinterlässt diese Aktion ihre Spuren in Form von Hornhaut an den Fingern, da ich keine Handschuhe trage.

Wir kreuzen die Küste hoch und der Wind bringt uns auf dem letzten Schlag direkt vor die Ansteuerungstonne. Ich habe blöderweise keine Hafenhandbücher für diesen nördlichen Abschnitt der finnischen Küste. Die App von „Navily“ brachte auch keine entsprechenden Infos, dafür aber die App von „Mooringo“.

Karin knackt kurz bevor wir die Ansteuerungstonne erreichen noch die heutige Bestmarke von 7 Knoten Speed. Bei der grünen Tonne fallen wir ab und suchen uns den Weg zum Tonnenstrich, der uns in den Hafen führen soll. Wir wechseln vorsichtshalber auf die Fock, um bessere Sicht nach vorn zu haben. Dann heißt es Tonnen finden und auf der Seekarte abhaken. Wir folgen dem Tonnenstrich und bergen erst kurz vor dem Hafen die Segel. Karin fährt uns bis kurz vor den Steg mit Heckbojen. Ich krame den Bojenhaken aus der Backskiste, der hier seit den schwedischen Ostschären ein tristes Dasein gefristet hat. Mit dem Hafenmeister, der gleichzeitig wohl der Inhaber von Hotel Kristian ist hatte ich vorher telefoniert, um sicher zu sein, einen Platz zu bekommen. Das wäre nicht nötig gewesen, der Gästesteg ist quasi verweist. Das angegliederte Hotel scheint ein Gebäude aus den Anfängen der 70ziger Jahren zu sein. Nur eine kleine Yacht liegt vor Heckanker. Wir gehen neben sie. Christian angelt mit dem Haken die Boje und wir tasten uns an den Steg heran. Das dauert, da von achtern die Entfernung zum Steg sehr schwer abzuschätzen ist. Wenn ich alleine segle, fahre ich immer mit dem Heck zum Steg, da ich einfach viel besser die Entfernung abschätzen kann. Die Heckboje wird dann zur Bugboje. Auch das Ablegen ist dann einfacher.

Um 21 Uhr haben wir 106 Meilen auf der Logge und ich rufe Robert von der Regattaleitung an, um uns abzumelden. Die Abendsonne scheint noch ist Cockpit und ich entkorke eine Flasche Champagner, die ich eigentlich für den Zieleinlauf gekauft hatte, aber nun haben wir auch ein Ziel erreicht: Wir sind das nördlichste Schiff was sich nun abgemeldet hat und wir versuchen unseren Frieden mit der Situation zu machen. Aber erst einmal lassen wir uns den Champus schmecken und resümieren, dass wir fast alles gegeben haben, um das Ziel im Zeitlimit zu erreichen. Im Nachhinein haben wir in Ystad wertvolle Zeit verloren. Wir hätten noch nach Simrisham durchfahren können, um vor die nächste Front zu kommen. Gleiches gilt ggf. für den Stopp im Askösund. Hier brauchte ich allerdings eine ordentliche Schlafpause. Wir hatten bis dato alles in Allem eine tolle Tour. Das Regattafeeling hat uns schneller als gedacht gepackt, geschürt durch die App. Mittels dieser ließ sich das Rennen ja sehr gut verfolgen. Entscheiden war, dass wir alle viele Spaß hatten, uns supergut verstanden haben und bestimmt das eine oder andere dazugelernt haben. In zwei Jahren werde ich -vorausgesetzt ich finden wieder eine willige Crew – es erneut versuchen. Während ich dies schreibe (um 23.38 Uhr am 3.7.) wehen Böen mit über 28 Knoten durch den Hafen.

Ein Wehrmutstropfen bleibt. Gerne hätte ich das Gefühl über die Ziellinie zu fahren genossen. Nun werden wir nicht über eine Ziellinie fahren aber dennoch unsere Ziel Töre erreichen, nun etwas später.

Unter dem folgenden Link kann man sich eine App herunterladen, um das Rennen (Midsummersail 2025) live zu verfolgen. Die App bleibt wohl bis Ende Juli aktiv, somit ist unserer weitere Reiseverlauf auch noch zu verfolgen. Ansonsten kann man uns auf marinetraffic verfolgen.

https://www.midsummersail.com/gps/ de

PS: Ich bitte die Rechtschreibfehler zu entschuldigen, da ich auf der Reise wenig Zeit und Ruhe zum Schreiben habe …

Weitere Bilder folgen, wenn wir ein besseres Internet haben. Dann folgt im nächsten Beitrag auch das Problem mit der Heizung, die bei 30 Knoten von hinten ihren Dienst vorläufig aufgab.

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