Nach einem Ruhetag auf Hiddensee, machte ich mich am 1. Mai auf den Weg nach Stralsund, um Leonie wieder an Bord zu nehmen. Ein paar Tage später wird Elke dazukommen. Das Wetter war prima, Sonne, 4-5 auf West. Im Hafen waren es allerdings auch immer noch 3-4, die seitlich zur Box standen. Somit brauchte ich ein bisschen, bis ich die Moyenne soweit hatte, dass ich die Luv-Achterleine als letztes loswerfen konnte und sicher aus der Box fuhr. Im Hafenbecken, dann Leinen und Fender klarieren. Das dauert dann schon mal 15 Minuten. Genua gesetzt und dann ging es mit rund 6-6.5 Knoten den Tonnenstrich nach Stralsund.
Es war kälter als gedacht, aber der Tonnenstrich erforderte meine volle Aufmerksamkeit. Nur einmal als ich gar nicht mehr ging, nutzte ich die Zeit zwischen zwei Tonnenpärchen, um einmal auf die Toilette zu gehen.
Ziemlich durchgefroren kam ich gegen 16 Uhr in Stralsund an.
Leonie kam mit dem Zug, ging erst in die falsche Richtung aber nach einigen Telefonaten trafen wir uns dann doch und machten uns auf dem Weg zum Hafen. In der großen Tasche waren noch einige Dinge, die ich in Berlin vergessen hatte und – frische Wäsche. Abends gingen wir durch die Altstadt und fanden sogar ein sehr nettes Restaurant. Erst gab es keinen Platz. Als wir doch warten wollten, war das so gar nicht im Sinne des Kellners. Das Essen war sehr lecker und so ging es mit gut gefülltem Magen zurück auf´s Boot. Am nächsten Morgen stellten wir uns den Wecker und machten uns auf die Suche nach einem Cafe zum Frühstück. Stralsund war noch menschenleer. Die Cafes entweder noch zu, genauso wie die Kirchen, oder nicht in unserem Sinne. Schließlich fanden wir doch noch ein sehr schönes Cafe in dem die Brötchen und der Kuchen noch selbst gebacken wurden. Um 10 Uhr ging es zur Gorch Fock I. Das Schiff sollte noch an diesem Nachmittag in die Werft gehen. Wir waren somit auf den letzten Drücker da. Es ist immer wieder interessant die Dimensionen eine solchen Großseglers live zu sehen. In meiner Jugend bin ich mehrfach auf einem 3 Mast Gaffelschoner gefahren.
Um 11.45 Uhr lösten wir die Leinen. Vorher versuchte ich noch die Hafenkarte mit einem Guthaben von 20 EUR gegen entsprechendes Bargeld einzutauschen. Aber sowohl ein Angler als auch zwei Stegnachbarn, hatten angeblich kein Geld dabei. Immerhin bot uns jemand an, die Karte beim Hafenmeister abzugeben und uns dann das Geld zu überweisen.
Die Windprognose war gut, die Sonne schien und so ging es um 12.20 Uhr durch die Klappbrücke. Anfangs noch mit Maschine dann unter Segeln ging es durch den Strelasund zunächst Richtung Greifswald und dann mit Kurs NO in Richtung Lauterbach auf Rügen. Gegen 17.30 Uhr liefen wir im Hafen ein. Leonie fuhr ihr erstes Anlegemanöver und dann machten wir neben einem Segler aus Franken fest. Dieser hatte sich eine Sun Odyssee 41 gebraucht gekauft, nachdem er erst vor Kurzem das Segeln erlernt hatte. Nun versuchte er sein Schiff flott zu machen. Der Hafen ist sehr schön und idyllisch gelegen. Ein Blick in die Bilge zeigte, dass das Wasserproblem noch nicht gelöst ist. Der Deckel zeigt einen Riss und die Dichtung schließt nicht richtig ab. Nun schickt die Werft einen neuen Deckel samt Dichtung, die Gilbert mit nach Danzig bringen wird.
Am nächsten Tag war Hafentag angesagt. Wir schliefen aus, dann erledigte ich die Büroarbeit. Wir probierten beim Service-Team einen 50-Stunden Servic für unseren Volvo Penta (z.Zt. 35,5 Stunden) zu bekommen aber Leonie wurde von der Büro-Vorsteherin erstmal abgefertigt „keine Termine frei, wir ersticken in Arbeit“. OK dann wohl in Swinemünde oder dann in Danzig. Dann verging der Nachmittag. Leonie ging nochmal an Land und kam zurück „mit einer guten und einer schlechten Nachricht“. Ich ahnte, dass es sich um die Maschine handeln würde. Tatsächlich war sie von hinten in die Werkstatt gelangt und hatte den Chef belatschert, so dass er uns eine Motorwartung morgen um 08.00 Uhr zusagte. Bravo Leonie. Großes Kino. Das würde uns deutlich mehr zeitlichen und nervlichen Spielraum verschaffen, da es sicherlich in Polen schwieriger sein würde einen Wartungstermin zu bekommen. Ich schaute im Manual nach, wo der Ölwechsel erfolgen würde und natürlich von der BB Seite. Also mussten wir morgens die Backskiste mit Schlauchboot etc. ausräumen. Egal.
Nachmittags buchten wir uns eine kleine Sauna auf dem Hafengelände. Davor hatten wir in einem kleinen „Nudel-Laden“ selbstgemachte Nudeln und Pasta erstanden. Die kochten wir uns dann nach der Sauna zusammen mit einem Salat und einem Glas Wein war es der perfekte Abend. Vor allem, weil ich noch die „Streit-Passions“ Partie gegen Leonie gewann.
Am Morgen stellen wir uns erstmalig an Bord den Wecker, um rechtzeitig alles fertig zu haben, wenn der Techniker kam. Um 08.00 Uhr keine Spur von ihm, gleiches 15 Minuten später. Um halb neun tauchte dann die erhoffte Siluette am Stegende auf. Die Backskiste hatte ich ausgeräumt, während sich Leonie um Brötchen und den Einkauf kümmerte.
Die Motorwartung (quasi nur Ölwechsel) war eine reine Formsache und nach 45 Minuten vorbei. Dem netten Mechaniker drückte ich 20 EUR in die Hand, die er nach einigen Abwehrversuchen doch annahm.
Dann musste ich das Service Büro erneut aufsuchen, um das Serviceheft abzustempeln. Die Sekretärin konnte das nicht machen, der Techniker hatte den Zettel noch nicht zurückgebracht und „auf Verdacht“ eigenmächtig etwas abzustempeln und zu unterschreiben ging ja gar nicht. Also warten auf den Chef. Nach 30 Minuten bekam ich das abgestempelte Heft und die Info, dass die Wartungsarbeiten auf der Volvo Seite eingetragen worden sind. Geschafft. Zurück zur Moyenne. Klar zum Ablegen und los ging es in Richtung Polen. In Swinemünde wollte wir uns am Abend mit Elke, der Lebensgefährtin von meinem verstorbenen Bruder treffen. Sie würde mich bis Danzig begleiten. Mit moderaten Winden und Sonnenschein ging es OSO. Der Wind wehte nur mit 2-3 und so zog sich die Strecke von 43 Seemeilen. Um 1700 nahmen wir die Segel runter und starteten die Maschine mit direkt Kurs auf den Hafen. Um 1945 waren wir am Schwimmsteg fest. Elke hatte auf uns schon ein paar Stunden gewartet uns so waren wir alle froh dann angekommen zu sein. Leonie kümmerte sich noch um die Hafenanmeldung. Dann bastelten wir ewig lange an der Stromsäule rum, bis endlich der Landstrom im Schiff ankam. Nach einem guten Abendbrot gingen wir relativ geschafft vom langen Törn in die Koje.
© Gustav Burckschat