Der Sonntag startet mit Sonne, bevor schlagartig dichter Nebel einsetzt mit Sichtweiten um die 200 Meter. Trotzdem fahren einige Schiffe raus. Das kann ich absolut nicht nachvollziehen, aber gut, muss jeder selbst wissen. Ich mache erst gegen 13.30 die Leinen los und drehe den Bug in Richtung Guldborgsund. Es wird ein Tag unter Maschine. Die Wassertiefe beträgt teilweise 1.90 Meter und der Tonnenstrich ist genau einzuhalten. Um 17 Uhr komme ich durch die Brücke, die hier stündlich öffnet. Da es sich schon wieder zuzieht beschließe ich in Nyköping zu bleiben und mache im Yachthafen fest. Ein Stadtbummel endet am Marktplatz mit einer schönen Sushi Selektion. Dann ist frühes ins Bett gehen angesagt.
Am nächsten Tag geht’s um kurz nach 11 Uhr weiter. Die Brücke bei Guldborg öffnet immer zur halben Stunde und so habe ich einen entsprechenden Zeitplan und komme pünktlich zur Brücke. Ich bin das einzige Boot für die Passage. Der Brückenwärter ist persönlich anwesend und öffnet auch nur das eine Brückenteil. Wir winken und kurz und freundlich zu, dann folge ich dem Tonnenstrich weiter. Das Wetter ist herrlich, der Wind frischt etwas auf und ich kann sogar noch fein mit Anlegerkurz nach Femö segeln. Gegen halb fünf mach ich längsseits an der Hafenmole fest.
Es wird ein schöner lauer Sommerabend, bis die frische und hübsche Besitzerin der „Amigo“ (kleiner, recht heruntergekommener Kreuzer) anfängt mit der Schleifmaschine die wenigen Holzteile ihres Bootes zu bearbeiten. Nach einer halben Stunde unterbricht sie kurz ihre Arbeit. Ich nutze die Chance für eine Kontaktaufnahme und rufe ihr zu, dass ich eine Flasche Wein anbiete, wenn sie ihre Schleifarbeiten morgen fortsetzt. Das war natürlich mehr spaßig als wirklich ernst gemeint. Sie ruft zurück, dass es morgen regnen soll. Ich erhöhe mein Angebot auf zwei Flaschen Wein. Sie würde noch eine halbe Stunde brauchen, ob das OK wäre. Voll nett, oder? Ich mache mich kurze Zeit später mit zwei Flaschen auf zur „Amigo“. Mrs. Amigo findet das sehr nett und trinkt lieber Rotwein als Weißwein. Ich lasse ihr die Flasche Weißwein natürlich trotzdem da. Ich erfahre, dass sie das Boot geschenkt bekommen hat und am Mittwoch eine erste Ausfahrt machen möchte. Außerdem erfahrene ich, quasi nebenbei, dass ihr Freund die Fähre fährt … 😊. Wir quatschen noch nett, dann lasse ich sie weiterarbeiten.
Am nächsten Morgen verlasse ich gegen 10 Femö und setze Vollzeug und richte den Bug in Richtung Vejerö. Schönes Segeln bei ca. 10 Knoten am Wind. Ich muss ca. 5 Seemeilen gegen den Wind nach Westen und der Jockel hilft dabei. Es geht an einigen Flachs südlich der Insel vorbei aber mit dem Tiefgang von 1.30 Meter ist das easy. Vielleicht bin ich nach rund 2.300 Seemeilen auch einfach entspannter. Ich passiere ein Kardinalstonnenpärchen und kann wieder Richtung NW steuern. Der Wind frischt auf und Moyenne segelt mit durchschnittlich 7 Knoten durchs Wasser in Richtung Nordspitze von Langeland. Mein AIS zeigt verschiedene Frachter, die die Schifffahrtslinie in nördlicher oder südlicher Richtung befahren. Es ist also Wachsamkeit angesagt, da ich das Fahrwasser kreuzen muss. Zum Überfluss nähert sich von Norden ein Kriegsschiff (ohne AIS) rasch und wird meinen Kurs kreuzen. Ich behalte zunächst meinen Kurs, falle aber rund 200 Meter vor der voraussichtlichen Kollision dann doch lieber ab. Auf der Brücke winkt man mir freundlich zu (nicht witzig). Außer einer riesigen Qualm-Wolke ist nichts zu erkennen, was auf die Nationalität hindeutet. Den Tanker, der von Süden kommt, passiere ich hinter seinem Heck und laufe dann um die Nordküste von Langeland in Richtung Westen. Der Wind lässt nach und ich passiere die enge Passage des Frankeklints dann mit Maschine. Dann geht es mit Süd Kurs in Richtung Lundeborg. Das ist ein netter Hafen, in dem ich schon mehrfach gewesen bin. Es gibt einen guten Fischhandel und ein nettes Restaurant, sowie ein kleines Museum. Bei meiner Ankunft stellt sich heraus, dass alles geschlossen hat. Nur der Kaufmann hat noch offen und versorgt mich mit sehr guten Brötchen, Brot, lokalem Whiskey und anderen lokalen Lebensmitteln. Der Hafen füllt sich und ich bin froh einen Platz längsseits gefunden zu haben. Abends wärme ich die Reste des Vortages auf und genieße den schönen Abend. Morgen werde ich hier einen Hafentag einlegen.
Gesagt, getan. Ich schlafe aus, d.h. bis 8 Uhr und hole frische Brötchen und Brot. Dann Kaffee und erste Büroarbeiten. Anschließend Frühstück und dann wieder Büro und Telefonate mit Kunden. Gegen Mittag mache ich die Leinen los und fahre an die gegenüberliegende Tankstelle. Der Wind bläst inzwischen mit 10-12 Knoten ablandig zu meinem ursprünglichen Liegeplatz. Ich brauche 5 Anläufe, um wieder festzumachen. Rückwärts ranfahren ist am besten. Dann kurz bei eingeschlagenem Ruder den Bug an den Steg drücken, ggf. mit dem Bugstrahler helfen. Allerdings kam ich immer nicht schnell genug mit der Leine an Land und der Bug trieb wieder ab. Letztendlich half mir ein netter Mann auf dem Steg, dem ich die Achterleine rübergeben konnte. Diese legte er um den Poller und hielt sie fest, dann vorwärts eingekuppelt und den Bug an den Steg randrücken, Bugleine über und fertig. So geschehen war ich dann kurze Zeit später fest.
Nachmittags kam die „Mach I“ rein. Ein 45 Fuß „Trümmer“ der Marke „Moody“ also auch eine Deckssalon Yacht. Ich half ihr beim Anlegen. Der Eigner kommt auch aus Berlin, ist Bauunternehmer und wir hatten noch den einen oder anderen Klön am Steg. Beim Kaufmann kaufte ich für das Abendessen ein. Kartoffeln mit Kräuterquark. Außerdem einen Single Malt Whisky aus Dänemark, der abends die Kostprobe bestand. Morgen früh geht’s weiter in Richtung Süden.
Um den 22. September werden ich wieder in Neustadt sein. Wann genau hängt noch davon ab, ob ich mich noch irgendwie irgendwann, irgendwo mit Leonie treffen kann. Da ich am 25.09. den ersten Kundentermin wahrnehmen möchte, will ich spätestens am Sonntag, den 24.09. in Berlin sein.
Der Wind ist anfangs auf meiner Seite und so geht es an der Ostküste von Fünen Richtung Svendborgsund. Dann berge ich die Segel und unter Maschine geht es durch den malerischen Sund, den ich schon oft befahren habe. Mitten auf dem einzigen kleinen Felsen, der knapp aus dem Wasser schaut, entdecke ich eine Robbe. Sie sonnt sich in aller Ruhe auf dem Stein, den sie mit ihrer Körpermasse komplett ausfüllt. Ein voll süßer Anblick. In Svendborg bereitet man sich auf das große Einhand-Rennen vor, der Hafen ist nur für Teilnehmer offen, also fahre ich weiter nach Westen und biege schließlich in Richtung Aerösköbing ab. Kurzfristig kann ich nochmal Segel setzen. Dann geht es bei Sonnenschein in den Hafen. Ich suche mir eine Box aus, in der ich a) Abendsonne im Cockpit habe und b) aus meiner Koje einen schönen Ausblick habe. Der Wind ist schwach und ich fahre rückwärts ein. Blöderweise stehen die Pfähle weit auseinander und mit großem Abstand zum Steg. Ich bekomme die Leine über den Pfahl, stelle aber dann beim Rückwärtsfahren fest, dass die Leine (mit Schlinge um den Pfahl) zu kurz ist und ich diese loslassen muss. Mist Nummer 1. Mist Nummer 2 ist, dass ich eine Leine sicher über den Poller am Steg bekomme. Dieser – genauso wie der andere – stehen sehr eng zusammen. Das macht das Eindampfen in die Achterleine quasi nicht möglich, da der Winkel zu klein ist. Das merke ich, als ich den Bug nicht wie gewünscht in Richtung Pfahl drehen kann. Zweimal versuche ich, von hinten bei eingekuppeltem Gang und entsprechender Ruderlage den Bug so zu positionieren, dass ich die Leine vorne überwerfen kann. Klappt nicht. Ich fluche, weil ich mir das eigentlich sehr einfach vorgestellt habe und bei schwierigeren Bedingungen Einhand angelegt habe. Ich laufe also drei oder viel Mal von hinten nach vorne, bis ich endlich die eine Leine über den Pfahl bekomme. Die andere werfe ich dann wieder (gekonnt :)) über drei Meter über den anderen Poller und bin dann endlich fest. Durchatmen. Klar Schiff machen, Anlegerbier. Abends laufe ich durch das sehr schöne kleine Städtchen und esse feine Tapas in einem kleinen Restaurant. Später gibt es bei Sonnenuntergang einen Whisky mit Zigarre und leiser Musik. Ein schöner Abend.
Am Freitagmorgen gehe ich früh eine Runde Joggen und frühstücke anschließend in Ruhe. Nach einigen Büroarbeiten verhole ich die Moyenne an die gegenüberliegende Hafenseite längsseits. Hier gibt es Wasser, und ich nutze die Gelegenheit, um das Deck ordentlich sauber zu machen. Am Nachmittag bummle ich durch die Stadt und suche mir schon mal ein Restaurant für den Abend.
Am Samstag früh gehen die Leinen gegen 11 Uhr los. Zunächst kann ich mit der Genua wieder etwas nach NW segeln, dann biege ich in den Tonnenstricht nach Marstal ab. Da der Wind gegenan kommt geht das nur mit Maschine. Die Sonne scheint und es ist ordentlich Verkehr. Überwiegend sind deutsche Yachten unterwegs. Noch bevor der Tonnenstrich rechts in Richtung Marstal abbiegt, kürze ich schon mal ab. Das geht, da der geringe Tiefgang hier wieder Vorteile mit sich bringt. Kurz vor Marstal gehts dann wieder im Tonnenstrich raus in Richtung offene See. Der Wind kommt aus OSO und es hat sich in den letzten Tagen offensichtlich eine ordentliche Welle aufgebaut. Ich setze das Groß und die Fock und am Wind geht mit ca. 190 Grad in südliche Richtung. Ich will nach Bagenkop kommen, damit der Trip morgen in Richtung Fehmarn und ggf. Gr0ßenbrode oder sogar Grömitz nicht so weit ist. Moyenne nimmt die steile Ostseewelle gelassen macht rund 5 Knoten über Grund. Ein kleines Rennen mit einer HR 370 muss ich allerdings als Zweiter beenden. Egal, es ist trotzdem feines Segeln bei strahlendem Sonnenschein. Nach 1 Stunde wende ich und komme so an die Küste heran. Hier erfolgt eine weitere Wende bei der 10 Meter Linie und der Wind bringt mich nun vor die Hafeneinfahrt. Segelbergen. Leinen und Fender vorbereiten und dann Einfahrt in den Hafen. Ich staune nicht schlecht. Alle in Frage kommenden Boxen sind bereits voll, ich ergattere einen freien Platz längsseits hinter einer großen Hanse. Später hätte ich nicht kommen sollen. Andere Yachten kommen in regelmäßigen Abständen rein und liegen später im Päckchen und an der Außenmole. Und das Mitte September. Hätte ich nicht erwartet. Ich bereits meine „Flaggenparade“ für morgen vor ( 7 Stück) und werde früh die Koje aufsuchen. Morgen will ich spätestes um 9 Uhr hier weg sein, um nach Großenbrode zu kommen. Dorthin wird Leonie abends mit dem Volvo kommen und wir segeln dann zusammen am Montag nach Neustadt. Ich freue mich sehr, dass sie kommt und wir die Reise, die wir vor knapp 5 Monaten gemeinsam begonnen haben, auch gemeinsam beenden!
Am Montag endet die Reise dann nach 5 Monaten, rund 2.700 Seemeilen und 7 besuchten Ländern in Neustadt. Aber dazu später mehr …
© Gustav Burckschat