Der Tag 127 (27.08.23) ist ein Hafentag. Waschen, Putzen, Aufräumen und Einkaufen standen auf dem Programm. Am frühen Abend kommen Alexandra und Hannes (ein sehr guter, alter Segelfreund) von mir an Bord. Hannes habe ich 1986 bei einer Reise mit der Albatros (Clipper Hamburg/Deutsches Jugendwerk zur See) kennengelernt. Wir sind damals dreimal zusammen bei Cliipper und später zweimal auf gecharterten Schiffen zusammen gefahren. Eine Tour führte uns rund 800 Seemeilen von der Ostküste Dänemark über das Skargerak nach Südnorwegen und an der Westküste Schwedens über den Svendburgsund zurück nach Koldingen. Die andere Tour erstreckte sich an der Westküste Kanadas um Vancouver herum. Alles unvergesslich tolle Reisen. Es folgten zahlreiche Segeltage auf den verschiedensten Schiffen (Hobby Cat, Varianta, Jollenkreuzer, H Jolle etc. Nun also eine Woche auf der Moyenne. Nach herzlichen Begrüßungsszenen und Verstauen der ersten Dinge an Bord lud ich beide ins Restaurant am Hafen ein. Wir aßen und tranken fein und erzählten an Bord noch lange. Nach einer ersten Sicherheitseinweisung ging es für alle in die Koje.
Nach einem ausführlichen Frühstück parkten wir das Auto um, fuhren an die Tankstelle, um den Dieseltank aufzufüllen und waren dann um 12.20 Uhr aus dem Hafen raus und setzten Segel. Wir hatten eine gute 4 und hatten das erste Reff im Groß und die Fock gesetzt. Diese machte eine halbe Stunde später Probleme, da sich beim Dichtholen der Schot mit der E-Winsch die Schot zwischen der Rolle verklemmte. Nach einigem Hin und Her bekamen wir diese los und konnten weiter in Richtung Brückendurchfahrt fahren. Die Brücke öffnet stündlich und zeitlich passte es genau. Von dort aus ging es weiter in Richtung 280 Grad.
Wir hatten eine größere Welle von schräg hinten und das Schiff rollte in den Wellen. Wir kamen mit ca. 5-6 Knoten gut voran. Es sollten die letzten Seemeilen in den Schären sein. Alexandra stand tapfer am Steuer, es ist für sie die erste Reise auf einer Segelyacht.
Gegen 19 Uhr fuhren wir in einen Sund ein und ankerten in einer wunderschönen Bucht a (Jypsaholmen uf 6 Meter Wassertiefe. Am Ufer standen die Kühe am Wasser und ringsherum Schwäne, Kormorane, Möwen. Es gab feines Hähnchen mit Pfannengemüse, dazu kühlen Weißwein und später Zigarre und Rum im Cockpit. Der Aufgang des fast vollen Mondes komplettierte den tollen Abend.
Am Dienstag kamen wir auch wieder erst um halb zwölf los. Wir liefen mit Maschine aus der Bucht und drehten dann wieder auf einen westlichen Kurs mit dem Ziel nach Hanö zu kommen. Der Wind blieb schwach und so musste die „Eisen-Genua“ die knapp 13 Seemeilen überbrücken. Dafür waren wir bereits um 16 Uhr in dem wunderschönen Hafen von Hanö. Ich kannte den Hafen von einem früheren Törn und wusste um die Schönheit des Hafens und der Insel. Wir wanderten zum Leuchturm und dann ein bisschen über die Insel. Sahen Rehe und Hirsche und die Jugend von Hanö, die sich zum Fußballspielen verabredet hatten. Nach Pasta mit Sauce Bolognese ging ich früh schlafen.
Der nächste Tag verlief unspektakulär. Bei wenig Wind ging es mit Maschine weiter nach Südwesten in den Hafen von Skillinge unterhalb von Simrishamn. Hier legten wir uns längsseits an die Pier, trafen die Segelyacht „Irmchen“ wieder und drehten nach einer mittelmäßigen Pizza noch eine Runde durch den Hafen. Ein halbtoter Kormoran lag auf der Pier, der Hals war abgeknickt, trotzdem ruderte er noch hilflos mit den Füßen. Ein trauriger Anblick.
Den nächsten Hafen Ystad erreichten wir am folgenden Tag nach sehr schönen 22 Seemeilen. Der Wind kam aus östlicher Richtung und wir konnten die ganze Zeit Segeln. Nur für kurze Zeit setzte Regen mit stark verminderter Sicht ein. So kamen mal wieder die Lichter zum Einsatz.
Ein Stadtbummel führte uns an einem sehr schönen Restaurant (der JH Matbar) vorbei. Die Speisekarte wies nur ein Menü aus. Im Restaurant lief Bobby Brown von Frank Zappa, ich quatschte kurz mit dem Chefkoch und reservierte für den Abend einen Tisch für uns. Es sollte ein super netter Abend mit tollem Essen werden. Wir zogen uns ein bisschen nett an und waren um halb acht „Ready for Fine Dining“. Die vier Gänge konnte man sich individuell zusammenstellen. Für mich begann alles mit Kaviar und eisgekühltem Wodka. Es folgte ein Beef Tartar mit Artischoke, Walnüssen und Birnen Püree. Der Hauptgang war eine BBQ Flank-Steak mit Fenchen Confit. Den Abschluss bildete ein Rose Hip Ice Cream mit Yoghurt Mousse. Die Bilder sprechen für sich. Der ersten Flasche Weißwein (man beachte das Label) folgte ein ebenso ausgezeichneter Rotwein. Der Abend endete mit netten Gesprächen mit dem jungen Inhaber-Pärchen. Diese haben bzgl. der Personalsuche ebenso große Probleme wie wir bei uns. Kurz vor Mitternacht verließen wir wieder einmal als letzte Gäste das Restaurant.
Wir verließen Ystad zeitiger als gedacht, wurden beim Auslaufen von einem starken Regenguss überrascht und hatten anschließend einen kurzweiligen Segeltag mit knapp 30 Seemeilen, der uns mit zahlreichen und ziemlich großen und für die Ostsee langgezogenen Wellen weiter an die Südküste Schwedens brachte. Im kleinen Hafen stank es fürchterlich, aber wir hatten keine Wahl und mussten hier bleiben. Wir quetschten uns in eine kleine hintere Ecke und versuchten den Grill anzubekommen aber vergeblich. Der Hafengrill war einfach zu groß und schließlich gab es leckere Steaks mit Gemüse aus der Pfanne, dazu einen guten Rotwein. Der Ort sollte tatsächlich der südlichste Punkt Schwedens sein. Hätte das Hafenwasser (hatte echt eine graue Farbe) nicht so gestunken, hätten wir es hier schöner gefunden. So wollten wir am nächsten Morgen nur noch weg. Nach dem Auslaufen lüfteten wir erstmal das ganze Boot durch, bevor wie Segel setzten und bei Sonnenschein und schönem Wind in zum Falsterbro Kanal segelten. Wir hatten Glück und kamen quasi fast zeitgleich mit der Brückenöffnung dort an. Zahlreiche Fotografen warten auf uns am Ufer mit ihren großen Teleobjektiven – dachten wir jedenfalls. Tatsächlich warteten sie auf Sportler, die wahrscheinlich an einem Triathlon teilnahmen.
Unmittelbar nach der Brücke bunkerten wir Diesel, da erfahrungsgemäß in Kopenhagen und Umgebung Diesel schwer zu bekommen ist. Da das Wetter perfekt war und auch der Wind mitspielte war die Entscheidung heute noch bis Kopenhagen weiter zu segeln schnell getroffen. Zunächst ging es mit der Genua und dem Groß und 13 Knoten Westwind zügig in Richtung Tonnenstrich. Die Logge zeigte teilweise 7,2 Knoten. Da wir später doch zur Kreuz gezwungen wurden, wechselten wir auf die Fock. Das war die richtige Entscheidung, denn der Wind legte noch etwas zu. Um kurz vor 18 Uhr nahmen wir die Segel weg und mit Maschine ging es Richtung der Quertrasse, die in den Hafen führte. Wieder hatte sich die Umgebung verändert. Wir hatten bereits bei früheren Fahrten nach Kopenhagen feststellen müssen, dass man sich auf Grund zahlreicher Bauaktivitäten nicht immer auf die Seekarte verlassen kann. In Kopenhagen tobte bereits nach „Nachtleben“ das ganze Ufer wimmelte von Menschen und Partys waren in vollem Gange. Wir mussten auf die Brückenöffnung in den Christiania Hafen noch warten und machten längsseits an der großen Fressmeile fest. Ich nutzte die Zeit, um im Hafen nach einem freien Platz zu suchen. Alles voll. Ganz hinten würde es eine Stelle geben, an der wir bereits vor vielen Jahren gelegen hatten. Alternativ hatte ich mit der Crew der „Kalle“ schon einen „Päcken-Liegplatz“ ausgehandelt. Mit der Brückenöffnung fuhr noch eine große Bavaria in den Kanal ein. Hinter uns lief noch eine kleine Deutsche Yacht und ein Folkeboot ein. Der Kanal ist bekannter Maßen sehr eng und bedingt durch die zahlreichen privaten und „öffentlichen“ Boote sehr verkehrsreich. Vor uns probierte sich die Bavaria in eine Box zu quetschen, was nicht funktionierte und sie so quer zur schmalen Rinne stand. Es dauerte ca. 15 Minuten, eh sich dann alles wieder löste. Das Folkeboot meinte nun auch noch sich an uns vorbeiquetschen zu müssen, anstatt sich schön einzureihen. Wir wendeten schließlich uns fanden einen Platz in dritter Reihe neben dem „Puff“ einem Hausboot welches hier schon ewig liegt. Nachdem wir alle Sachen einigermaßen verstaut hatten machten wir uns auf in die Stadt. Wir aßen im großen Streetfoodbereich unmittelbar hinter der Klappbrücke etwas. Dann ging es in Richtung Nyhavn. Dort gab es traditionell das leckere Dänische Eis und Jubel Trubel Heiterkeit. Auf dem Rückweg machten wir noch einen Abstecher in den Pub „My JoyChoice“. Aus dem Abstecher wurden mehrere Stunden. John spielte live-Musik mit seiner Gitarre. Er war u.a. Bassist bei James Blunt und wir kamen in den Pausen immer wieder ins Gespräch. Außerdem quatschten wir mit Beth und Mike aus Bosten und mit Dänen, Argentiern, Chinesinnen etc. Gegen 01.30 Uhr verließen wir beschwingt und gut angetrunken den Pub.
Der nächste Tag war vom Tempo her entsprechend langsam. Ich hatte an Bord und im Büro zu tun. Hannes und Alexandra erkundeten Kopenhagen und erst am Nachmittag trafen wir uns im Design Museum. Der Abend klang entspannt und ruhig aus.
Am nächsten Morgen fuhren die beiden nach Karlskrona, um ihr Auto zu holen. Abends lud Hannes ins Kanalen Restaurant zum Abschiedessen ein. Wir saßen dann noch lange im Salon und erzählte über alte und neue Zeiten. Nach einem letzten gemeinsamen Frühstück packte die beiden ihre mengenmäßig nicht unterheblichen Sachen. Dabei fanden wir auch Hannes Tasche, in der sich auch die vermisste Schwimmweste befand wieder. Ende gut Alles gut. Bye Bye und hoffentlich auf ein baldiges Wiedersehen.
© Gustav Burckschat