Das letzte Crewmitglied (Christian) hat die Moyenne am Dienstag früh verlassen. Er war vier Wochen an Bord. Das volle Programm 4 Länder, vier Hauptstädte, viele, tolle Erlebnisse. Nun ist Ruhe auf dem Schiff eingekehrt. Ich nutze den Dienstag, um etwas Klar-Schff zu machen, meine Sachen etwas neu zu sortieren und Büroarbeit zu erledigen. Schließlich gehe ich Einkaufen und fülle Wasser auf.
Am Mittwoch, den 5. Juli verlasse ich um 10 Uhr den Hafen und fahre zum Tanken. Das nette Mädchen sagt mir ich müsste vorher bezahlen, dann Tanken. Ich sehe auf der Anzeige verschiedene Beträge und entscheide mich für 60, da ich 60 Liter benötige. Nach kurzer Zeit wird der Tankprozeß beendet. Es waren nicht 60 Liter, sondern 60 EUR. Auch gut. 100 Liter im Tank reichen erst einmal locker. Als alle Fender und Leinen verstaut sind (das dauert alleine ca. 15 Minuten) setze ich die Segel. Am Vorabend hatte ich die Karte studiert, die Weg abgesteckt und Wegpunkte im Plotter eingegeben. Nun habe ich eine gute Orientierung, wo es langgeht. Nach 30 Minuten komme ich an die Klappbrücke, die zur vollen Stunde für 10 Minuten öffnet. Schlechtes Timing, ich habe noch 30 Minuten Zeit. Diese nutze ich für ein paar Kundentelefonate. Schließlich hat sich vor der Brücke ein bunter Haufen von Seglern und Motorbooten versammelt. Die Signale gehen auf Grün und schon beginnt jeder den Hebel auf den Tisch zu legen. Schließlich ergibt sich eine Reihenfolge der Stärkeren. Ich reihe mich mal ganz geduldig als Letzter ein. Nach der Brücke setze ich wieder Segel und es geht den Tonnenstrich erst Richtung Osten dann in nördlicher Richtung. Schöner Wind, schönes Wetter, entspanntes Segeln. Ich will nach Kastelhamn, ein kleiner Trip von ca. 14 Seemeilen. Dort soll es eine alte Burg und ein Freilichtmuseum geben. Außerdem soll morgen der Wind nochmal auf 5-6 auffrischen, da will ich schön im Hafen liegen. Um 14.15 Uhr drehe ich in den Sund ein, nehme später die Segel weg und hole den Bojenhaken aus der Backskiste. Es ist das erste Mal, dass ich allein mit dem Ding anlegen werde. Der Hafen kommt in Sicht. Ich mache die Leinen klar. Rückwärts fahre ich an die Boje ran, so dass ich den Haken ziemlich am Heck erwischen kann. Dann soll die Leine samt Haken ins Wasser fallen, vorne ist sie an der Bugklampe fest. Dann weiter rückwärts zum Steg. Die Luvleine kann ich an eine helfende Hand übergeben. Vorher verhakt sich die Leine des Bojenhakens aber noch unter dem geöffneten Gate. Der Bug zieht nach BB. Ich springe nach vorne und entheddere das schnell, dann gehts erneut rückwärts zum Steg. Der Mann bekommt die Leine und die Aufgabe, diese festzulegen, damit ich in diese Eindampfen kann. Das klappt nach kurzer Rücksprache. Ich ole die Leine vorne stramm durch und dann das ganze achtern. Der Wind bläst kräftig von vorne. So muss ich beim späteren Justieren aufpassen, dass ich nicht zu weit an den Steg komme. Aber nach ca. 15 Minuten habe ich alles klar.
Der Hafen Kastelhamn ist wieder ein Bullabü-Hafen mit den typisch roten Häuschen, Blumenschmuck, einer kleinen Terrasse, kleine Snacks, ein Kiosk und natürlich einer Sauna. Kinder baden bereits und springen immer wieder vom Steg ins Wasser (21°C). Alles entspannt und friedlich. Ich koche mit etwas Hähnchen mit Grillgemüse und freue mich über die schöne Atmosphäre. Hier bleibe ich zwei Tage.
Am nächsten Morgen gehe ich erstmal eine Runde Joggen. Nach dem Frühstück kümmere ich mich ums Büro, dann ist Kultur angesagt. Ich besuche das Freilichtmuseum Jan-Karlgarden und das Schloss Kastelholms, die einzige Burg der Aalands. Eine „Magd“ der Burg erklärt im Rahmen einer Führung sehr nett das Leben auf der Burg und den geschichtlichen Hintergrund. Abends esse ich Roastbeef auf der Terrasse und schaue zum ersten Mal überhaupt einen Film. Die „Farbe des Geldes“ mit Paul Newmann und Tom Cruise. Sehr schön. Vorher hatte ich noch die Sauna besucht und mich mit eine Pärchen unterhalten, die eine Sirus 32 DS haben. Es ist das Vorgänger-Model und im Gegensatz zu der 35 DS etwas altbacken. Ich bin mit meinem Schiff sehr sehr happy. Es ist für mich das perfekte Schiff.
Am nächsten Morgen breche ich um 10 Uhr auf. Ich will weiter nach Norden und werde ca. 25 Seemeilen also ca 5-7 Stunden unterwegs sein. Das Wetter ist bewölkter als sonst, Regen ist angesagt aber noch nicht in Sicht. Es geht erst den Sund wieder zurück nach Süden, dann weiter nach Osten und dann nördlich. Der Wind passt meistens, kommt teilweise von achtern, so dass ich manchmal mit der Fock oder der Genua, manchmal auch nur mit dem Großssegel unterwegs bin. Am späten Nachmittag, ca. 1 Stunden vor dem Hafen fängt es an zu regnen, später schüttet es aus vollen Kübeln. Ich verziehe mich nach drinnen und steuere das Schiff von innen. Dann schläft noch der Wind ein und ich ziehe mir doch noch Regenzeug an, um die Segel zu bergen. Bei strömenden Regen laufe ich den kleinen Hafen an. Das Heckbojenmanöver klappt wieder und nioch im Ölzeug laufe ich zum Hafenmeister, um 25 EUR Hafengebühr zu bezahlen. Später klart es auf und ein Finne spielt mit seiner Gitarre auf dem Hafengelände für ca. 50 Einheimische. Sehr schön.
Da der Hafen von Hamsundet nicht besonders war, breche ich am Samstagmorgen schon um kurz nach acht Uhr auf und fahre mit Maschine weiter nördlich. Es geht nach 1 Stunde an die NO Spitze der Alands und ich suche nach der Hafeneinfahrt. Lt. Hafenhandbuch soll man sich von NO kommend am Rand der Klippen halten und eng in den Hafen eindrehen. Erstmal sehe ich nur Felsen, über die sich die Wellen brechen. Dann kommt ein Segler raus, an dem ich mich etwas orientieren kann. Ich fahre mit einem geschätzten Abstand von 20 Metern zum Festland und weiteren 20 Metern zu einem im Wasser liegenden Felsen in die kleine Bucht ein. Der Hafen ist eng, voll aber sehr malerisch. Dafür habe ich allerdings zurzeit kein Auge. Ich sehe zunächst keinen freien Platz. Taste mich langsam vor. Einige Segler schauen interessiert zu, wer da so kommt und was er da so macht. Schließlich eilt der junge Hafenmeister auf den Steg und fragt, ob ich reserviert habe. Ja, habe ich! Dann weißt er mich eine Lücke zwischen einem finnischen Segler und einer fetten Motorjacht zu. Alles klar, Heckbojenhanke fertig machen. D.h. in diesem Fall immer, die lange Leine vorne belegen. Die Lose schön sauber in Buchten über die Reling hängen, damit sie sauber ausrauschen kann, rückwärts anfahren und den Bojehaken beim Vorbeifahren einpicken, die Leine über Bord werfen, weiter rückwärts in die Lücke fahren. Kurz vor dem Steg abstoppen. Luv-Achterleine übergeben, mit der Bitte, diese fest zu belegen, wenn Zeit ist die andere Heckleine übergegen. Einkuppeln, nach vorne gehen, die Bugleine dichtholen. Klappt auch diesmal alles. Bis darauf, dass sich die Leine einmal an der Boje mit dem Haken vertüddelt hat. Die Frau von der Motorjacht ist sehr hilfsbereit und hat nach 5 Minuten alles freibekommen. Die anderen Nachbarn helfen ebenfalls bei der Aktion. Alle sind hier immer sehr freundlich und helfen immer gerne.
Dann mache ich mir erst einmal Frühstück. Spiegeleier mit Speck. Anschließend schaue mir den Hafen an. Es gibt ein feines „Badehaus“ oben auf der Klippe mit einer Sauna, einem Pool und einer Bar mit schöner Terrasse. Ich reserviere mit für abends einen Tisch im Restaurant, welches sich im Hotel befindet. Den Massagetermin lasse ich sausen, da es nur einen Masseur gibt. Ich lasse mich nicht gerne von einem Mann massieren. Also kümmere ich mich noch um die Wäsche und reserviere mir für 16 Uhr die Waschmaschine und den Trockner und für den nächsten Tag auch nochmal eine Session um 13 Uhr. Ich will zwei Nächte hierbleiben. Die Sauna ist perfekt, mit super toller Aussicht auf den Hafen und die See. Ich mache drei Gänge, quatsche mit verschiedenen Leuten und liege faul in der Sonne. Das Essen im Restaurant ist auch sehr fein. Auf dem Rückweg lade ich meine Nachbarn noch auf ein Glas Wein ein. Sie wollten sich das Schiff mal ansehen und sind natürlich sehr angetan. Später sitze ich noch mit einer Zigarre und einem Wein auf den Felsen und genieße den Sonnenuntergang gegen 23 Uhr.
Der nächste Tag verläuft ähnlich entspannt und schön. Abends plane ich, wie es weitergeht. Ich möchte nun wieder in Richtung der finnischen Westküste kommen, da Leonie am 18.7. an Bord kommen wird, worauf ich mich schon sehr freue.
Am Montagmittag verlasse ich den Havensvidden in Richtung Osten. Vorher stand noch Büroarbeit an. Außerdem habe ich mir noch mit einem Finnen die Seekarten angeschaut und mir noch ein paar Tipps für die weitere Törnplanung geben lassen. Anfangs ist der Wind noch wechselhaft. Daher habe ich zu tun: Segelsetzen, Maschine aus, Maschine an, Fock rein, Maschine aus, Genua raus, Genua rein, Fock raus usw. Das Wetter ist herrlich und der Wind wird für mich immer passender und nimmt auf 4 Bft. zu. Die letzten zwei Stunden ist dann Rauschefahrt mit rund 6.8 Knoten angesagt. Herrlich. Im Sund vom Kümmling nimmt der Wind dann ab und ich starte kurz vor dem Hafen die Maschine. Der Hafen ist erneut sehr schön. Zwei Segler nehmen die Leinen an und nach 8 Stunden Segeln trinke ich ein Anleger-Bier gefolgt von einem Hamburger im Restaurant. Es war wieder einmal ein perfekter Tag.
Am Dienstag frühstücke ich für 10 EUR im kleinen Restaurant auf der Terrasse, erledige Büroarbeit und mach mich dann wieder auf den Weg.
Da ich am kommenden Dienstag Leonie irgendwo in Kustavi (Finnische Westküste nördlich von Turku) treffen möchte, suche ich mir einen Weg der mich weiter nach Osten bringt. Die finnischen Seekarten finde ich etwas umständlich. Die Kartenausschnitte haben einen sehr kleinen Maßstab 1 : 50.000, so dass man größere Distanzen kaum überblicken kann. Die einzige Übersichtskarte im Maßstab 1 : 350.000 ist wiederum zu großteilig, so dass gedankliche Übertragung auf die einzelnen Seekarten schwerfällt. Durch das Insel- und Felsenwirrwarr und die Tatsache, dass man für eine Tagesplanung mehrere Seiten benötigt, wird die Törnplanung recht mühselig. Nachdem ich einen Plan entwickelt habe, gebe ich eine Route mit entsprechenden Wegpunkten im Plotter ein. Das erleichtert die Orientierung unterwegs, wenn man Solo unterwegs ist.
IIch plane nun erneut den Hafen von Lappo anzulaufen. Dieser liegt nur ca. 15 Meilen entfernt, aber ich habe reichlich Zeit, kann also trödeln. So komme ich die nächsten Tage immer erst gegen Mittag aus dem Hafen. Leichte Winde um die 3 Bft. ermöglichen entspanntes Segeln. Allerdings muss ich immer wieder zwischen der Genua und der Fock hin- und herwechseln, da bedingt durch wechselnde Kurs, der Wind auch unterschiedlich einfällt. Mit der Genua kann ich keine Wende fahren, da ich sie nicht durch das Vortag der Fock durchbekomme. Also muss ich sie dafür einrollen und auf der anderen Seite wieder ausrollen. Ich segel bei erneut schönem Sommerwetter durch den Barösund und nehme um 16 Uhr die Segel weg und laufe die letzten 2 Meilen unter Maschine in den Hafen von Leppo ein. Ein Traditionssegler liegt längsseits und ich mache an der gegenüberliegenden Seite mit Heckboje fest. Die Moyenne hat nun auf der Reise die 1.500 Seemeilen-Marke überschritten. Den Zweimaster werde ich im Hafen von Katapäa ein paar Tage später erneut treffen.
Ich hatte im Kümling frischen Fisch gekauft und so gibt es lecker Abendessen an Bord der Moyenne. Vorher interessieren sich noch zwei Segelpaare für die Sirius und ich lade beide auf ein Schiffstour ein. Mit dem zweite Pärchen quatsche ich ziemlich lange und am nächsten Tag treffe ich Peter im Supermarkt. Er hat am Abend noch mit seiner Drohne ein paar Aufnahmen gemacht und wird mir diese schicken. Sehr nett. Morgens fahre ich noch an die Tankstelle und fülle den Dieseltank (150 Liter) auf. Der Wassertank ist ebenfalls nun wieder voll (350 Liter).
Um halb zwölf komme ich los und mache bereits nach 11 Seemeilen im recht einfachen Hafen von Nöto längsseits fest. Es gibt ein Restaurant, in dem ich auf der Terrasse guten Fisch mit Gemüse und Kartoffeln esse. Dazu gibt es deutschen Riesling aus der 0,185 Liter Flasche. Ich bin mir unschlüssig, wie ich den weiteren Reiseverlauf gestalten soll. Da ich mit Leonie und Lara gerne noch durch die Schären segeln will, wird es wohl mit dem Ziel Torekov nichts mehr werden.
Die Strecke wäre zu lang und ich müsste ca. 15 -20 Tage für die Hin- und Rückfahrt rechnen und jeden Tag „stramm“ segeln. Die Alternative klingt im Endeffekt besser: Entspannt erneut durch die Aalands und dann rüber nach Schweden, wo Lili und Fritz dazukommen wollen. Von dort aus durch den Götakanal nach Göteborg und von dort mit Südkurs Richtung Deutschland.
In der Nacht hat der Wind aufgefrischt und das Schiff schaukelt recht unruhig am Steg hin und her. Am Morgen setzt Regen ein und verziehe mich erstmal mit einem Kaffee ins Büro. Eigentlich wollte Joggen gehen. Als ich mit dem Büro fertig bin hört es auf zu regnen und ich laufe zu einer Kirche und freue mich, den Schweinehund wieder überwunden zu haben. Das Wetter bessert sich und ich lege gegen 14.00 Uhr ab. Da der Wind auflandig etwas vorlicher als querab kommt, dampfe ich in die Achterspring ein um komme so gut vom Steg und dem davorliegenden Motorboot klar. Ich setze die Segel und mit 6.5. Knoten bei 4 Bft. rausche ich aus der Bucht und drehe dann in Richtung Norden in den breiten Sund ein. Das Wetter wird immer besser und mit Butterfly gehts gut voran. Um 16 Uhr kommt unerwartet erst Flaute, dann dreht der Wind um 180 Grad und kommt aus Norden. Also kommt die Selbstwendefock zum Einsatz. Als mich zwei Segler überholen, tausche ich die Fock gegen die Genua, muss die beiden aber dennoch ziehen lassen. Um 18 Uhr verabschiedet sich der Wind und ein sehr schöner Segeltag geht zu Ende. Ich werfe die Maschine an. Hinter mir kommt der Traditionssegler ebenfalls unter Maschine mit 7,5 Knoten angerauscht. Er will auch in den Hafen von Katanpäa auf der Insel Lyperto. Dieser wurde mir mehrfach empfohlen. Gegen halb sieben mache ich dort fest. Es ist echt ein sehr schöner kleiner Hafen in einer kleinen Bucht gelegen. Auf der Insel sind alte Festungsanlage zu besichtigen, die ich am nächsten Tag erkunde. An diesem Abend hole ich mir einen Abendbrot aus dem kleinen Restaurant und mache es mir dann auf dem Vorschiff mit einem Cuba Libre und meinen derzeitigen Buch „Hard Land“ von Benedikt Wells gemütlich. Ich habe zurzeit viele Gedanken an meine Mutter und ob ich in den letzten Wochen Ihres Lebens alles richtig gemacht habe. Vielleicht hätte man mit mehr Geld mehr erreichen können, aber es gab damals einfach keinen besseren Platz. Immerhin bin ich jetzt mit meiner Törnplanung im Reinen und freue mich auf Leonie.
Den Freitag (14.7.) verbringe ich im Hafen. Nach dem Rundgang lese ich das Buch zu Ende, poliere den Chrom am Schiff und plauder mit zwei deutschen Segelpärchen, die ich in Talling getroffen habe. Abends gibt es Pasta und einen schönen Wein. Morgen gehts weiter nach Süden in den Yachthafen von Kustavi. Dort treffe ich dann am Dienstagabend Leonie. Von Samstag Abend bis Montag oder Diestag sind kräftige Winde und wechselhaftes Wetter angesagt. Das passt gut zu den Hafentagen. Ich will diese zum Arbeiten, Waschen, Putzen und Einkaufen nutzen.
© Gustav Burckschat