Erste Solo-Fahrt

4 Tage und 3 Nächte auf der Moyenne. Ich nutzte ein langes Wochenende (Klavierunterricht und Tanzstunde am Freitag fiel aus) und fuhr vormittags nach Neustadt. Wieder war das Auto vollgeladen mit vielen wichtigen und weniger wichtigen Dingen. Viel Platz nahm der Torqueedo-Außenborder samt Akku ein. Ansonsten hatte ich weitere Kisten zum Verstauen, Wasserkanister (das Wasser an den Stegen ist noch abgestellt) und andere Dinge eingepackt. Der Wetterbericht sagte Temperaturen um null Grad mit kräftigen Winden (bis zu 8 Bft) für den Freitag und Samstag vorher. Am Sonntag dann weniger Wind (4-5 Bft) und leicht steigendende Temperaturen. Am Montag sollte es dann schwachwindig sein. Und so war es auch.

Ich nutzte am Freitag die Zeit und füllte die Wassertanks ein wenig auf. Das gestaltete sich mühsehlig, da ich das Wasser mit Kanistern aus den Sanitäranlagen holen musste. Auch im dritten Tag, war das Wasser immer noch leicht rosa gefärbt. Die Werft muss reichlich mit Frostschutzmittel gespült haben. Das Duschen an Bord habe ich mir für einen späteren Zeitpunkt aufgehoben. Das Ganze hat aber auch etwas Gutes. Sollte es noch eimal kurz frieren, reicht das restliche Frostschutzmittel im System sicherlich noch aus, um die Leitungen und Ventile gegen das Einfrieren zu schützen.

Im Anschluss fing ich an, für meine neuen Kisten, geeignete Inhalte und Stellen zu finden. Damit war ich – kaum zu glauben – ein paar Stunden beschäftigt. Machte aber nichts, denn ich hatte ja ausreichend Zeit mitgebracht.

Fünf von den Kisten brauche ich mindestens noch, dazu reichlich von der „Elefantenhaut“, die verhindert, dass die Kisten bei Seegang hin und her rutschen.

Unter der Matratze der Eignerkammer entdeckte ich weiteren Stauraum, der locker 4-6 Weinkisten aufnimmt. Das ist natürlich äußerst praktisch.

Abends habe ich dann das erste Mal richtig gekocht. Das ging natürlich noch nicht so geschmeidig von der Hand, wie zu Hause. Überall stand etwas herum, was von A nach B und wieder nach A geschoben werden musste. Die Platzverhältnisse sind eben doch begrenzt. Letztendlich zählt das Ergebnis und mit diesem war ich sehr zufrieden.

Der nächste Tag brachte dann viel Wind aber auch Sonne. Ich nutzte die Zeit, um mein Büro nun endlich fertig einzurichten. Problematisch war das Anschließen der beiden Bildschirme an meinen Laptop. Das dritte Kabel war dann endlich das Richtige und passte auch von der Länge her. Sehr nett war der Kontakt zum Eigner der Macronie (DS 35-63). Johannes war ebenfalls nach Neustadt gekommen, um genau wie ich, ein bisschen auf seinem Boot rumzukramen. So tauschten wir unsere Erfahrungen mit der Werft und dem Schiff aus.

Im Vergleich zu anderen Schiffen, die ich bis jetzt „kennengelernt“ habe, ist die Moyenne vergleichsweise einfach ausgestattet. Es gibt keine Waschmaschine, keinen Windgenerator, kein Radar oder weitere Dinge an Board, die ggf. elektrische Probleme verursachen könnten. Auf Grund der Empfehlung von Herrn Schmidt habe ich auf Lithium Batterien verzichtet und mich für AGM Batterien entschieden.

Am späten Nachmittag war der Wasserstand bestimmt um 1 Meter gestiegen. Grund dafür war der anhaltenden Starkwind aus Osten. Die Festmacherleinen wurden angepasst und anschließend kümmerte ich mich um das Abendessen.

Der Abend klang vor dem Raymarine-Plotter aus. Auch so eine Wissenschaft für sich. Es gibt 1000 Einstellungsmöglichkeiten. Bis man die passende gefunden hat ist es ein langer Weg durch die einzelnen Ebenen. Das gleiche hatte ich tagsüber schon mit den zwei Außeninstrumenten erledigt. Neben den üblichen Werten wollte ich die „Wahre“ Windstärke und Richtung angezeigt haben. Diese Informationen finden ich für die Hafenmanöver immer sehr hilfreich. Die zweite Sim-Karte mit den Navionicskarten für die östliche und nördliche Ostsee hatte ich bereits im zweiten Plotterschacht positioniert. Der Plastikrahmen, der dazu entfernt werden muss, ist natürlich von billigster Qualität und hält anschließend nur mittelmäßig.

Der Sonntag begann vielversprechend. Der Wind hatte auf ca. 8 Knoten im Hafen abgenommen, die Sonne schien und außerhalb des Hafens sollten es dann 10-16 Knoten Wind sein. Somit gute Voraussetzung für die erste Solo-Fahrt mit der Moyenne.

Also die innerliche Checkliste abgearbeitet: Alle Luken und Seeventile geschlossen. Landstromkabel eingeholt, Instrumente an, innen alles verräumt, Hafenhandbuch und Seekarte studiert, warme Klamotten angezogen, Motor warmlaufen lassen. Und da war schon das erste Problem: Motor startete nicht, macht keinen Mucks. Okay, keine Panik, Nachdenken. Batterien sind voll, also muss es an irgendeiner Sicherung liegen. Runter in den Technikraum und die Sicherung für den Starter reingedrückt, dabei gleich auch noch die für die Dachwinde und den Anker. Wieder hoch zum Panel, nichts passiert, wieder runter. Aha, Schalter muss erst nach oben geschoben werden und dann erst die Sicherung reindrücken. Wieder hoch und nun sprang der Motor auch an. Aus dem Wasserauslass kam erst Frostschutz und dann ausreichend Kühlwasser.

Mein Nachbar von der Macronie beobachtete meine Vorbereitungen. Kein Problem. Wind von Steuerbord mit ca. 8 Knoten also erst die BB Vorleine weg, dann langsam mit eingelegtem Steuerrad nach Steuerbord Maschine eingekuppelt und abgewartet, was sich tut. Es tat sich nichts, also etwas mehr Gas und das Schiff kam langsam mit dem Bug an den Luvdalben. Heckleine BB weggenommen. Alles gut. Dann nach vorne und die Steuerbord-Vorleine weggenommen. Nach hinten springen und Schiffsausrichtung kontrolliert. Perfekt. Nun die letzte Landverbindung loswerfen, Ruder mittschiffs, Leine zügig einholen und mit etwas Gas aus der Box. Langsam nach BB eindrehen, da der Wind von Stb. kam wollte ich den Bug mit dem Wind nach BB treiben lassen und dann rückwärts aus der Gasse fahren.  Das klappte alles sehr gut und wurde von Johannes filmtechnisch begleitet. Nach ein paar Hafenmanövern ging es dann aus dem Hafen raus zum Segeln.

Ich ließ die E-Winsch die Arbeit machen und das Großsegel ließ sich problemlos setzen. Das letzte Stück wurde gekurbelt, dann stand das Großsegel. Was mir gleich auffiel, waren die vertörnten Reffleinen, aber ansonsten passte alles. Das rollte ich die Genua aus. Somit waren in kurzer Zeit rund 75 m² Segel gesetzt und das Schiff setzte sich zügig in Bewegung und erreichte schnell 7 Knoten Speed. Das Maximum sollten 7.6 Knoten sein. So stand es nachher im Plotter. Ich freute mich allerdings nur darüber, nun das erste Mal mit der Moyenne alleine unterwegs zu sein. Lediglich zwei Kriegsschiffe waren meine Begleiter. Das erinnerte mich daran, dass ich vergessen hatte, das Funkgerät einzuschalten. Es sollte nicht das letzte sein, was ich vergessen hatte.

Der zweite Fehler macht sich lautstark bemerkbar, als zwei Schubladen bei der sich nun eingestellten Schräglage aufgingen. „Anfängerfehler“ schimpfte ich mich selber. Ein weiterer Anfängerfehler zeigte sich als ich später wieder im Hafen war und etwas aus dem Technikraum holen wollte. Die beiden Kisten, die ich auf der Werkbank platziert hatte, standen natürlich nicht mehr auf der Werkbank, sondern waren bei der ersten größeren Schräglage mit Schwung auf den Boden befördert worden.

Als der Wind weiter zulegte, rollte ich die Fock aus und nahm die Genua weg. Das funktionierte über die Winsch und mit Kurbeln ganz gut. Insgesamt ist die Segelqualität sehr fein und trägt sicherlich mit zum guten Speed bei. Nach einer Stunde machte ich mich auf den Rückweg zum Hafen. In der Landabdeckung nahm ich die Segel weg, bereitetet Leinen und Fender aus und bemerkte, dass ich bzgl. des ersten Anlegemanövers nur geringfügig aufgeregt war.

Der Anleger funktionierte trotz Seitenwind gut. Bis ich dann die luvwärtige Achterleine festhatte vergingen natürlich ca. 30 Sekunden in denen sich der Bug leewärts zu Nachbarschiff bewegte. Ich konnte die Drehbewegung aber mit Schub und Ruderlage abfangen. Dann tastete ich mich an den Luvdalben ran, brachte Vorleine und gleich die Spring aus. Anschließend kümmerte ich mich um die andere Achterleine. Nach 15 Minuten lag die Moyenne dann wieder fest in der Box und meine Anspannung löste sich. Wenn es abends gewesen wäre hätte ich mir jetzt ein Anleger-Bier verdient, so gab es ein Anlieger-Wasser.

Danach legt ich mich erstmal für eine halbe Stunde in die Koje und ließ den Segeltag Revue passieren. Fazit: es ist fast alles gut und nur wenig schief gegangen und vor allem: es hat viel Spaß gemacht.

Abend ging es ins Restaurant und anschließend ließ ich den Abend bei einem guten Rum (Geschenk von einem alten Schulfreund „Alex“ ausklingen. Erschöpft, aber glücklich ging es dann in die Koje.

Der Montag begann frostig aber sonnig. Das Deck war anfangs mit einem glitzernden Schimmer überzogen. Dieser überdeckte den Staub/Russ, der sich mit der Zeit auf dem Deck durch die nahegelegene Müllverbrennungsanlage niedergeschlagen hatte.

Nach dem Frühstück, verräumte ich die Sachen, die wieder nach Berlin mussten ins Auto und räumte alles ein bisschen auf. Anschließend ging es zu erneuten Hafenmanövern nach draußen.  Später versuchte ich mit WEBASTO noch zu klären, warum ich die Heizung nicht per App fernsteuern konnte, allerdings kamen wir zu keiner Lösung. Ich werden die App mal neu installieren, bzw. die Heizung einmal vom Strom nehmen. Das Großsegel wurde gesetzt und ich band die Reffleinen neu ein, die ja verdreht waren. Eine sehr nette Werftmitarbeiterin, die auf einem anderen Schiff zu tun hatte, erneuerte die Bezeichnungen auf den Klemmen. Nun passt das alles.

Dann hieß es erneut „Abschied“ nehmen. Alle Luken und Ventile geschlossen, Sicherungen raus, Festmacher kontrollieren und abschließen. Winke Winke und bis zum nächsten Mal. Voraussichtlich am 18.3.23., dann sind es nur noch 4 Wochen bis zur Abfahrt.

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